
Elon Musk, der Gründer, Hauptbesitzer und CEO der privaten amerikanischen Raumfahrtfirma SpaceX, sagt regelmässig, dass die Firma eines Tages Menschen zum Mars fliegen soll. Das war bereits vor etwas mehr als zehn Jahren so, als SpaceX (eigentlich Space Explorations Technologies, Inc.) noch ein winziges Start-Up-Unternehmen war, das noch nicht mal eine einzige Rakete erfolgreich in die Umlaufbahn der Erde geschossen hatte. Natürlich nahm da niemand das „Grossmaul“ ernst. Auch als die Falcon 9, das heutige „Arbeitspferd“ der Firma, 2010 zum ersten Mal (erfolgreich) in All startete, machte Musk wieder klar, dass die nächste Raketen-Generation noch viel grösser ausfallen würde – und Menschen zum Mars bringen könnte. Die Raumfahrtwelt lachte, natürlich.
Diese neue Rakete soll nicht nur eines Tages die ersten Menschen (oder bis zu 100 Tonnen Fracht) zum Mars bringen, sondern dereinst auch alle Rollen der Falcon-Familie übernehmen, also das Aussetzen von Satelliten, der Transport von Astronauten zur ISS, Touristen zum Mond, ja sogar schnelle Punkt-zu-Punkt-Flüge auf der Erdoberfläche will man anbieten (dazu ein anderes Mal mehr). Einen offiziellen Namen für die Rakete gibt es noch nicht: Ursprünglich hiess sie „Falcon X / XX“, wurde später dann zum „MCT (Mars Colonial Transporter)“, dann zum „ITS (Interplanetary Transport System)“, und schliesslich einfach zur „BFR (Big F…alcon Rocket)“. Yep, das F in Falcon stand ursprünglich für etwas anderes. Dieser etwas kindische Scherz trägt – zusammen mit den grandiosen Mars-Ambitionen – dazu bei, dass das Projekt von SpaceX’s Konkurrenten bisher nicht ernst genommen wird. Man witzelt lieber darüber und nennt es Science Fiction.
Nun zeigt sich, dass SpaceX in den zwei Bereichen, in denen sich die BFR deutlich von einer Falcon 9 unterscheidet (Triebwerk & Tanks), bereits grosse Fortschritte gemacht hat. Das Raketentriebwerk der nächsten Generation heisst „Raptor“, und statt flüssigem Sauerstoff (LOX) und Kerosin verbrennt es LOX und Methan. Methan erlaubt nicht nur einen höheren spezifischen Impuls (ein Mass der Effizienz des Raketenantriebs), sondern führt auch zu weniger Verunreinigungen im Raketentriebwerk, was die Wiederverwendung erleichtert. Zudem handelt es sich beim Raptor um ein (kaum je realisiertes) „full flow“ Triebwerk, was die Effizienz weiter steigert. Das Raptor-Triebwerk wurde mittlerweile unzählige Male getestet und scheint bisher alle Erwartungen zu übertreffen: bei der Ankündigung der ersten kommerziellen BFR-Mission letzten Monat lobte Elon Musk das Raptor-Team in den Himmel.
In einem Interview im Frühling dieses Jahres bestätigte SpaceX-Präsidentin Gwynne Shotwell, dass dieses potentielle Problem mittlerweile gelöst wurde – wie, wollte sie allerdings nicht sagen. Yusaku Maesawa, japanischer Milliardär und erster BFR-Kunde, hat auf Twitter Fotos der ersten zylindrischen Tankhüllen-Elemente für die BFR gezeigt. Das heisst, die wichtigsten Elemente der BFR werden bereits produziert. Die Avionik der BFR dürfte SpaceX kaum Probleme bereiten, da sie mit der Falcon 9 bereits viel Erfahrung sammeln konnten. Während andere Hersteller mit dem „umziehen“ der Avionik von einer Rakete zur anderen Probleme hatten (z.B. verlor Arianespace ihre erste Ariane V genau wegen diesem Problem), wurde SpaceX’s Avionik von Beginn weg extrem flexibel ausgelegt, weil die Falcon 9 ohnehin mit praktisch jedem Flug weiterentwickelt wurde.
Neben den oben erwähnten drei Komponenten muss SpaceX für das BFS auch noch einen Hitzeschutzschild entwickeln – einen solchen haben Raketen normalerweise nicht. Das Space Shuttle hatte einen, und dieser empfindliche, komplexe Schutzschild mit tausenden von „Kacheln“ mit einer jeweils einzigartigen Form war einer Hauptgründe, warum die Wiederverwendung des Space Shuttles so teuer und aufwändig war. SpaceX wird hier alles daran setzen, um diesen Fehler mit dem BFS nicht zu wiederholen. Gerade hat Elon Musk auf Twitter angekündigt, dass er aus einer Falcon 9 Oberstufe eine Art „mini-BFS“ bauen will, um damit die Flugeigenschaften sowie neue Hitzeschutzschild-Technologien zu testen (unklar bleibt bisher, ob das ein spezieller Flug allein für dieses „mini-BFS“ werden soll, oder ob diese neue Art von Oberstufe im Rahmen normaler Starts getestet werden soll).
Nun kann man das glauben oder nicht – aber man darf nicht vergessen, dass die Falcon 9 bereits heute weit günstiger ist als ihre Konkurrenz, und da spielt die Wiederverwendbarkeit noch nicht einmal eine Rolle. Die BFR wird, in der einen oder anderen Form oder Variante, Realität werden: irgendwann in den 2020er Jahren wird SpaceX eine vollständig wiederverwendbare Schwerlastrakete haben, die über 100 Tonnen in die Erdumlaufbahn tragen kann. Die Konkurrenz, inklusive Europa, sollte das nicht vergessen.
Was denkst du? Wann wird die BFR zum ersten Mal fliegen? Und wird Elon Musk sein Ziel erreichen, damit dereinst Menschen zum Mars zu fliegen? Schreib es unten in die Kommentare!
Wie es scheint, wurde mittlerweile auch die erste Tankkuppel für das erste BFS fertig gestellt. Es geht also weiter vorwärts! Siehe: https://www.teslarati.com/spacex-bfr-spaceship-prototype-tank-dome-complete-hop-tests/
Ein wirklich spannendes Thema! Ich zweifle nicht daran, dass wir in den 2020er Jahren den ersten Start erleben werden. Bedenkt man das wir hier eine Schwerlastrakete zum im Vergleich zu anderen Systemen Spottkreis bekommen, dürfte das für die Raumfahrt gravierende Auswirkungen haben. Denn mit so einer Rakete würden viele ambitionierte Projekte deutlich erschwinglicher werden. Sei es die Errichtung einer neuen Weltraumstation, die Errichtung einer Kolonie auf dem Mond oder Mars oder auch die Errichtung einer Asteroiden Mine (wie schön im letzten Artikel thematisiert). Damit dürfte Musk für sein ambitioniertes Ziel (über das alle am Anfang gelacht haben) – die Menschheit zu einer multiplanetaren Spezies zu machen – am Ende der entscheidende Wegbereiter sein! Das sind spannende Zeiten die da auf uns zu kommen. Ich freu mich drauf 🙂
Genau – über die Auswirkungen der BFR auf den günstigen Zugang zum Weltraum, und mögliche Folgen, hatte ich ja jetzt noch gar nicht viel geschrieben, aber es ist mit Sicherheit nicht der letzte Artikel zur BFR! 🙂