Gastartikel: Peak Oil – Oder die Frage, wann geht uns der wichtigste Energieträger aus?

Ein Gastartikel von Thomas Schmid. Er ist promovierter Geologe und beschäftigt sich seit Jahren mit der Energieproblematik.

Die Problematik um den „Peak Oil“ und „Peak Gas“ steht zurzeit kaum auf den Traktandenlisten der internationalen Politik und Wirtschaft. Viel wichtiger scheinen im Moment die Schuldenprobleme im europäischen Währungsraum und die schleppende Erholung der amerikanischen Wirtschaft. Dabei befinden wir uns gerade jetzt in einer entscheidenden Phase, wo über die zukünftige Entwicklung der Energieproduktion entschieden werden soll. Einzig im Frühjahr stand die Energiefrage als Folge der Fukushima Katastrophe für kurze Zeit im globalen Rampenlicht und hat in Ländern wie der Schweiz und Deutschland die Debatte um neue Kernkraftwerke endgültig beendet. Auf der politischen Ebene hat sich in den letzten Jahren aber in Bezug zur Endlichkeit der fossilen Rohstoffe und der grossen Importabhängigkeit ausser Lippenbekenntnissen kaum etwas getan. So ist zum Beispiel der Gesamtverbrauch von Treibstoffen in der Schweiz weiterhin angestiegen. Die Association for the Study of Peak Oil and Gas (ASPO) ist eine internationale Organisation von Wissenschaftlern, Ökonomen und Ölgeologen und befasst sich mit der Frage, wann wir das Fördermaximum beim Öl und Gas erreichen werden.

Im Moment verbrauchen wir pro Jahr etwa 30 Gb (Gigabarrel = 1 Milliarde Fass) Erdöl, welches einem Tagesverbrauch von ca. 85 Mb entspricht, was zufälligerweise fast dem jährlichen Verbrauch der Schweiz gleichkommt. Erdöl deckt als Primärenergieträger ca. 34% des gesamten Energieverbrauchs der Welt, Kohle 25%, Gas 22%, erneuerbare Energien 14% und Kernenergie 5%. Erdöl wird aber nicht nur als Energiequelle verwendet, es bildet die Grundlage für unzählige weitere Produkte wie verschiedenste Kunststoffe, Wachse oder Pharmazeutika. Die wichtigste Rolle spielt das Öl aber im Transportsektor. Die heutige Globalisierung und Mobilität wäre mit einem anderen Energieträger als Öl aus zwei Gründen kaum möglich gewesen: Erstens, dem tiefen Preis und zweitens, der hohen Energiedichte. Öl ist in vielen Ländern billiger als Wasser, darunter in so fortschrittlichen Staaten wie den USA, aber auch in vielen Entwicklungsländern wie dem Iran und den meisten arabischen Staaten. Die hohe Energiedichte von Öl (ca. 10 kWh/kg) ist auch einer der wesentlichen Gründe, wieso es so schwierig ist, eine Alternative, insbesondere in der Form von Batterien (Li-Ionen Batterie ca. 200 Wh/kg) dazu zu finden. Alle anderen momentan verfügbaren Energieträger wie Gas, Batterien oder Brennstoffzellen sind deutlich schlechter.

Der Begriff Peak Oil kommt vom amerikanischen Geophysiker M. King Hubbert und wurde 1956 zum ersten Mal verwendet. Er prognostizierte anhand einer Kurve der geförderten jährlichen Ölmenge das Fördermaximum der USA auf 1970, was schliesslich eingetreten ist. Diese sogenannte Hubbert Kurve kann auf jedes Land angewendet werden und schliesslich auch auf die globale Ölproduktion. Anhand dieses Ansatzes, wäre der Peak Oil bereits im Jahr 2005
erreicht worden und wir befänden uns schon im Niedergang („Beyond Oil“, K. Deffeys) oder steht in diesem Jahrzehnt bevor (ASPO). Die IEA hat auch vor kurzem erklärt, dass möglicherweise der Peak in der konventionellen Ölförderung bereits 2005 erreicht worden sei. Dass wir uns in der Nähe dieses Peaks befinden, sieht man auch daran, dass die Förderung von Erdöl seit 1998 kaum mehr angestiegen ist und nur durch den Ausbau von unkonventionellem Öl aus Ölsanden und Ölschiefern konstant bei ungefähr 85 Mb geblieben ist. Unter Berücksichtigung des hohen Ölpreises in den letzten Jahren ist diese Feststellung bemerkenswert, denn wenn es möglich wäre mehr Öl zu fördern, wäre die Produktion sicher ausgeweitet worden, um von den hohen Renditen zu profitieren. Andererseits haben die Ölkonzerne immer sehr schnell Kostensenkungsprogramme gestartet, sobald der Ölpreis gefallen ist. Dieses Faktum spricht dafür, dass momentan sehr nah an der Kapazitätsgrenze gefördert wird und ein Ausbau der Förderung nur unter enormen, momentan nicht tragbaren Kosten möglich ist.

Bis jetzt haben wir über den Peak Oil in Bezug zur Förderung gesprochen. Ein weiterer Peak, jedoch zeitlich etwas früher, kann auch bei den Funden von Ölfeldern beobachtet werden. Die grössten Funde wurden in den 40er und 50er Jahren in Saudi Arabien und Kuwait gemacht, gefolgt von den Funden in Sibirien in den 70ern und der Nordsee Ende der 80er Jahren. Seither hat die Grösse der neu entdeckten Ölfelder stetig abgenommen, trotz immer besserer Technik und grösserem finanziellen Aufwand. Die neuen Ölfelder sind meistens viel kleiner sowie viel komplexer und teurer auszubeuten als die alten. Ein neues riesiges Ölfeld, z. B. das Tupi-Ölfeld vor der brasilianischen Küste, hat dabei gerade einmal die Grösse von 13 Gb, was knapp der Hälfte des momentanen jährlichen globalen Verbrauchs ausmacht. In der Prospektion stösst man daher heute immer weiter in Gefilde vor, die auch das Risiko von Katastrophen vergrössern, wie gesehen im letzten Jahr im Golf von Mexiko, als die Deepwater Horizon explodierte und für Monate Öl unkontrolliert in den Golf entwich. Das Tupi-Ölfeld ist in noch grösserer Wassertiefe, liegt unter einer riesigen Salzschicht und seine Ausbeutung wird zur bisher grössten technischen Herausforderung in der Ölförderung werden. Die grössten noch unentdeckten und unerschlossenen Gebiete sind in den beiden Polregionen zu finden, wobei im Moment vor allem die Arktis im Vordergrund steht. Riesige Öl- und Gasvorkommen, im Bereich von 20% der im Moment bekannten Reserven, werden dort vermutet. Wichtig zu bemerken ist aber die Tatsache, dass ein Ölfeld niemals zu 100% gefördert werden kann. Ohne Einsatz von Enhanced Oil Recovery (EOR) Massnahmen wie der Injektion von Wasser, Gas (CO2 oder Erdgas) oder Chemikalien ins Erdölfeld liegt die Recovery Rate bei ca. 25%. Mit EOR kann ca. 50% des Öls gefördert werden, wobei seit längerer Zeit von den grossen Ölfirmen riesige Anstrengungen unternommen werden, um die Recovery Rate weiter zu erhöhen. Zudem spielt auch die Fördergeschwindigkeit eine Rolle, wie viel Öl schlussendlich gefördert werden kann, denn eine hohe Förderquote reduziert die kumulative Fördermenge. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass die Förderung beim Einsatz von EOR sehr schnell abfallen kann, sobald nämlich das Medium (Wasser, CO2), welches eingeleitet wird um den Druck im Ölfeld zu erhalten und das Öl herauszudrücken, die Bohrtürme erreicht.

Die erwartete totale Menge an Erdöl, also die bereits geförderte plus die noch zu fördernde Menge, deckt eine sehr grosse Spanne ab. Eher konservative Schätzungen beginnen bei ca. 2000 Mrd Barrel (ASPO) und reichen bis 3500 Mrd. Barrel (USGS, United States Geological Survey), wobei die unkonventionellen Reserven (Ölsande und Ölschiefer) teilweise auch eingerechnet sind, obwohl sie aus Kosten- und Energiegründen niemals das konventionelle Erdöl 1:1 ersetzen können.

Die entscheidenden Faktoren für den Peak Oil sind die Reserven, also die bekannten Ölfelder, die bei momentanen Kosten und der vorhandenen Technologie gefördert werden können, aber auch die Ressourcen, also die noch zu erwartenden Funde. Die grössten Reserven liegen im mittleren Osten, also in den Ländern Irak, Iran, Kuwait, Saudi Arabien und die Arabischen Emirate. Ausserhalb sind sie vor allem in Venezuela und Russland zu finden. Venezuela und Kanada gehören zudem zu den Ländern mit den grössten Reserven an Ölsanden. Laut dem BP Statistical Review sind die totalen globalen Reserven momentan bei ca. 1500 Gb, was bei einem heutigen Verbrauch für noch 50 Jahre reichen würde. Allerdings beginnt hier eines der grössten Probleme, nämlich die Transparenz. Die grossen Ölkonzerne sowie viele Staaten veröffentlichen keine genauen Zahlen zu ihren Ölfeldern, denn dies sind äusserst wichtige Fundamentaldaten. Sind die wirklichen Reserven kleiner, würde das bei Ölfirmen zu einem grossen Aktieneinbruch führen, wie geschehen, als Shell in den 90er Jahren eine grosse Korrektur an seinen Ölreserven vornehmen musste, während gewisse Länder politischen Einfluss verlieren würden. Das bringt uns zum nächsten Thema, nämlich den OPEC Staaten, einem der wichtigsten Player im globalen Ölmarkt. Die OPEC wurde 1960 gegründet und ihr gehören sämtliche Ölmonarchien im Mittleren Osten an, sowie weitere Staaten aus Afrika und Südamerika. Die Staaten der OPEC machen ca. einen Drittel der globalen Ölförderung aus. Interessant sind einige Statistiken dieser Länder, denn sie zeigen, dass die Reserven seit Jahren konstant bleiben oder sogar steigen, obwohl keine neuen grossen Funde bekannt sind. Zudem haben viele OPEC Staaten in den 80er Jahren ihre Reserven sprunghaft erhöht, damit sie ihre Förderquote erhöhen konnten, da die maximale Quote in der OPEC festgelegt ist. Diese politischen Spiele unterminieren das Vertrauen und ermöglichen auch keinen fairen Preis, weil keine Transparenz über die bestehenden Reserven herrscht. Ein weiteres grosses Problem kommt von Saudi Arabien, genauer gesagt vom grössten Erdölfeld der Welt, dem Ghawar Feld. Sechs Prozent der gesamten globalen Ölförderung (5 Mb/d) kommt von dort und seit 2006 existiert das Gerücht, dass es seinen Peak überschritten hat. Das Problem an diesem Feld besteht darin, dass auch 8 Mb/d an Meerwasser hinein gepumpt wird um den Druck zu erhalten – womit die Ölförderung plötzlich dramatisch einbrechen könnte, sobald das Wasser die Bohrtürme erreicht. Wie dann diese 5 Mb/d schnell ersetzt werden könnten, weiss niemand. Zudem könnte in Zukunft auch die Bereitschaft für einen höheren Ölexport vieler Länder sinken, denn deren Verbrauch steigt mit einem verbesserten Wohlstand ebenfalls an, respektive, die Bevölkerung verlangt eine genügende Versorgung, da ansonsten grosse Unruhen drohen, wie im Iran vor zwei Jahren. 

Unter diesen Umständen, fragt man sich, wie die Prognosen für 2030 erreicht werden sollen, wenn die Nachfrage auf über 100 Mb/d ansteigen wird. Sogar Akteure aus der Ölbranche wie der Chef von Total oder ein Topmanager von Aramco, dem staatlichen Saudischen Ölkonzern, zweifeln an diesen Quoten. Laut den Prognosen der IEA wird die Produktion aber weiter ansteigen, auf 95 Mb/d, wobei der Zuwachs vor allem in den Natural Gas Liquids und den unkonventionellen Ressourcen liegen wird. Ein grosses Fragezeichen steht aber hinter dem konventionellen Öl, denn hier muss bis 2035 Öl in der Grössenordnung der momentanen Produktion von sechs Saudi Arabien aus noch unentdeckten Ölfeldern Öl gefördert werden, eine wahrlich gigantische Herausforderung! Es scheint, dass wir uns schon mittelfristig auf eine Verknappung des Öls einstellen müssen, was zu einem weiteren Anstieg des Ölpreises führen wird und ab einer gewissen Schwelle riesige Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben wird. Dann war das Jahr 2007 mit einem Preis von knapp 150 $ pro Fass nur ein Vorspiel dazu, was uns die Zukunft bringt.

Wie schon zu Beginn erwähnt, befindet sich Öl praktisch in jedem Produkt das wir konsumieren und es wäre an der Zeit, dass wir uns endlich darauf vorbereiten und versuchen würden, uns von dieser Abhängigkeit zu lösen. Dazu sind neue Investitionen in Technologien notwendig, aber auch eine deutliche Effizienzsteigerung, respektive eine Einschränkung im Konsum. Das Öl ist nicht der einzige beschränkte Rohstoff, auch beim Erdgas wird es einen Peak geben, obwohl er einige Zeit in der Zukunft liegt. Kohle hat es noch viel (für ca. 200 Jahren beim heutigen Verbrauch),doch wenn nach dem Ende des Ölzeitalters auf sie umgestellt wird, einerseits um daraus Öl zu produzieren (Coal to Liquid) oder direkt für die Energieerzeugung, reduzieren sich diese Reserven dramatisch, nicht zu denken an die Folgen für die Umwelt und den Klimawandel.

Es ist nicht unmöglich in den kommenden Dekaden von einer fossilen Energiewelt in eine nicht-fossile, nachhaltigere und mehrheitlich auf erneuerbaren Energieformen basierende Energiewelt zu gelangen. Die grössten Herausforderungen werden aber sein, die Infrastruktur zu ersetzten und die Macht der privaten und staatlichen Erdölfirmen zu brechen. Unter den Top 10 der grössten Unternehmen der Welt befinden sich immer mindestens fünf Ölfirmen mit gigantischen Infrastrukturen für Prospektion, Förderung, Transport, Raffinierung und Vertrieb. Allein der Umsatz generiert durch den Rohölverkauf beläuft sich jährlich auf 3000 Mrd $, bei einem Durchschnittspreis von 100 $ pro Barrel, und die Reingewinne gehen in die hunderte Mrd $. Allein diese Zahlen beweisen den Einfluss dieser Branche auf den globalen Finanzmärkten. Zudem werden Rohstoffe in Zeiten tiefer Kapitalzinsen und steigender Nachfrage lukrative Spekulations- und Anlageobjekte, was auch für die Zukunft grundsätzlich höhere Preise mit allerdings erhöhter Preisvolatilität verspricht und sich negativ auf die Wirtschaft auswirken kann.

Die kommenden Jahre werden eine grosse Herausforderung für uns werden, denn zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit müssen wir uns damit abfinden, dass uns ein gesellschaftsrelevanter Rohstoff auszugehen droht und wir nicht darauf vorbereitet sind. Wir müssen jetzt beginnen, die Weichen für eine neue Energiezukunft zu stellen, die vor allem in erneuerbaren Energien liegt. Allerdings könnte uns dort die Realität auch bald einholen, denn die verwendeten Elemente sind auch sehr beschränkt, zum Beispiel Lithium, wo die momentanen Reserven für nur einige 10 Mio Autobatterien reichen. Eine Zukunft mit weniger Wachstum und vor allem einem bewussten Umgang mit den verfügbaren Ressourcen erwartet uns. Wir sollten uns besser darauf vorbereiten, business as usual ist keine Option.

 

Quellen und weitere Informationen zum Thema:

www.peakoil.net                           Association for the Study of Peak Oil and Gas (ASPO)

www.peakoil.ch                              ASPO Schweiz

www.iea.org                                    International Energy Agency

http://web.archive.org/web/20100826104039/http://www.oceanenergy.org/default.asp

BP World Statistical Review of World Energy

http://europe.theoildrum.com

http://www.worldenergysource.com

 

The end of oil – Paul Roberts (Buch)

Beyond oil – Kenneth Deffeys (Buch)

Wenn der Wüste das Öl ausgeht: Der kommende Ölschock in Saudi-Arabien – Chancen und Risiken – Matthew Simmons (Buch)

A crude awakening – The oil crash (Film zum Thema Peak Oil)

Petropolis (Film zum Thema Ölsande in Kanada)

Kein Öl mehr: Übung für den Ernstfall (Doku-Film über eine Familie die versucht, ohne Öl auszukommen)

Über Thomas 1 Artikel
Ich habe an der ETH Zürich Erdwissenschaften studiert und 2011 ein Doktorat in Klimageologie abgeschlossen, ebenfalls an der ETH. Energie- und Klimafragen haben mich während dieser Zeit ständig begleitet, sind sie doch unmittelbar miteinander verknüpft und in enger Verwandtschaft mit dem System Erde.

30 Kommentare

  1. Wenn die Menschheit zur Antarktis und nach Nordrussland flüchtet wegen des Klimawandels, ob sich dann zwei Menschenspezies bilden, die sich nicht miteinander fortpflanzen können? Ob in einer erhitzten Welt noch ein Zug von Feuerland nach Alaska fahren kann?

    • Zwar ist die Entstehung von „Todeszonen“ in Äquatornähe gemäss einigen Klimamodellen und extremen Emissionsszenarien möglich. Dass sie sich aber soweit in Richtung der Pole erstrecken würden, scheint zweifelhaft. Und selbst wenn, bräuchte es wohl zehntausende bis hunderttausende Jahre, bis die beiden Populationen durch genetische Drift genügend voneinander entfernt haben, dass sie sich nicht mehr miteinander vermehren können. Man bedenke z.B., dass unser Erbgut „Beimischungen“ von Neanderthalern und Denisovans aufweist (ein Beweis für die Fortpflanzungsfähigkeit mit diesen anderen Menschenarten), obwohl auch hier die Abspaltung hunderttausende Jahre zurücklag.

  2. @ Der Beobachter

    Ich habe mit meinen Ausführungen zur Demographie auch gerade weniger die rein quantitative Seite (weniger Menschen) gemeint, dass ist prinzipiell in der Tat bis zu einem gewissen Grad (man kann erkennen, das z. B. 1 Mio. Menschen kaum unsere techn. Komplexität aufrecht erhalten könnten) kein Problem. Aber lassen wir das, dass ist ein zu großer Minenfeldt und hier auch nicht „Kernthema“.

    Zur Komplexität ist das was Du sagst zwar prinzipiel schon richtig, dennoch stoßen auch „Verbund- bzw. Teaminnovationen“ an gewisse Grenzen, wenn die notwendige „Atomisierung“ der Wissenbereiche immer weiter vorschreitet. Gutes Beispiel dafür ist das Versändnis für die Biochemie des menschlichen Körpers, es gab kaum Tiefe Fortschritte seit Jahrzehnten, weiter div. Krankheiten, KI, Neuroscience etc. Ab einem gewissen Punkt können sich die Komplexität des betrachteten Systems und der (kognitiver) Hochizont des Individuums nicht weiter voneinander entfernen bzw. man nähert sich asymptotisch an. Nur eine Erweiterung der kognitivern Fähigkeiten der Individuuen durch Kybernetik oder eben eine starke KI (auch gutes Bsp.) könnte hier Abhilfe schaffen. Das passiert aber nicht. Weiteres Bsp. ist die kontrollierte Fusion usw. Ich denke auch hier ist die Hürde zur wissenschaftlichen Singularität (erste starke KI, dann 100 mal größer/schneller Bauen) wahrscheinlich extrem.

    Zudem kommt ein weiterer – wenig beachteter – Zusammenhang hinzu. Je höher die Komplexität, welche eine technische Zivilistation erreicht, bzw. deren Niveau, desto tiefer der Fall nach einem Kollaps. Das ist eine Zwangsläufigkeit und läßt sich auch gut kausal begründen. Bsp. wäre allein der Verlust der mittlerweile essentiellen „Baupläne“ z. B. für komplexe int. Schaltkreise oder kompl. mechatronische Systeme. Eben weil jedes Individuum davon nur noch Bruchteile versteht, wäre es viel schwerer dort wieder anzuknüpfen, zumal mittlerweile immer mehr ja nicht mal mehr in pysisch robuster (z. B. in gedruckter) Form vorhanden ist, sondern an sehr fragile Server etc. gebunden ist. Und es ist auch nicht richtig, dass die das in dem Maße schon immer so war. Das römische Imperium hatte immerhin spezialisierte Städte für bestimmte Warengruppen. Heute ist die Spezialisierung und Komplexitätsteilung jedoch unvergleichlich höher als je zuvor. Ich sag nur Panel-know-how in Europa als Beispiel. Das gibt es quasi nicht. Umgekehrt nat. noch viel extremer (also z. B. direkt vor-Ort know-how in Australien, Somalia, …). Ohne (fragile) globale Warenströme und Komplexitätsteilung wäre schon jetzt Vieles gar nicht möglich.

  3. Also dass dem modernen resourcenintensiveren Lebensstil offenbar der Trend zu einer geringeren Anzahl an Individuen innewohnt würde ich nicht als Problem betrachten. Ganz im Gegenteil. Und übrig bleiben die die trotzdem Kinder haben. Das wir uns dabei abschaffen kann ich nicht erkennen.

    Das unmittelbare Problem ist zweifelsfrei dass unserer Wirtschaft stetes Wachstum als existenzielles Grundprinzip innewohnt. Das diktiert schon das Zinskonzept in unserem Geldwesen. Und das dieser Zwang zum Wachstum dabei ist an seine Resourcengrenzen zu stoßen.
    Das wird uns in naher Zukunft große Schwierigkeiten bereiten und im schlimmsten Fall zum Kollaps führen. Vielleicht wir solch ein Ereignis das nächste Maslow Fenster schließen, das wär dann so etwa um 2025.

    Das steigende Komplexität ein Problem ist kann ich auch nicht erkennen. Seit unsere Vorfahren annähernd Sprechen konnten tun wir Dinge die ein Einzelindividuum nicht bewerkstelligen könnte. Das hat mit Sesshaftigkeit und Arbeitsteilung Sprunghaft zugenommen. Mit jedem Fortschritt an Kommunikationsmöglichkeit haben wir an Komplexität zugelegt. Sprache, Schrift, Druck, Telegraphie, etc. Das Internet ist nur der neueste Schritt in dieser Reihe und ermöglicht uns Dinge zu tun für die die Erfahrung und das Wissen von Millionen von Individuen nötig ist. Wie zB aus einem Stück Natur ein Smartphone zu machen 🙂 Ich kann nicht sehen das das ein Problem wäre.
    Es wird erst ein Problem wenn wir die neuen Kommunikationsmöglichkeiten, die eines hohen infrastrukturellen Aufwand haben, krisenbedingt einbüßen. Dann werden wir wohl auch technologisch einen Gang zurückschalten müssen.

    Mein gerne verbreiteter Rat: Spart euch kein Geld, es wird in nicht allzu ferner Zukunft nichts mehr wert sein.

  4. @Seth @Matthias Meier @derBeobachter

    Natürlich werden grundlegende phänotypische Ausprägungen (div. sog. Persönlichkeitsmerkmale) zumindest zu einem großen Teil genetisch determiniert. Das ist keineswegs „abstrus“. Unsere aktuelle gesellschaftliche Großwetterlage möchte – bzw. macht – uns vieleicht Glauben, dass dies abstrus ist (Empty Slade Theorie, Alle sind gleich, bla), leider widerspricht das sämtlichen fundierten Erkenntnissen z. B. der differentiellen Psychologie. Das heißt ja nicht, das alle 8 von jemand (mit hohem Kinderwunsch) gezeugten Kindern den selben ausgeprägten Kinderwunsch haben, es wird aber eben im Mittel der 8 so sein!

    Man sollte diesbezüglich aber mal weiterdenken, wer denn trotz Wohlstand viele Kinder zeugt. Da spielt der Kinderwunsch sicher eine wichtige Rolle (auch z. B. Religösität), leider gibt es aber noch Andere, wesentlich „unschönere“ Selektionskriterien in „modernen“ Gesellschaften. Und das ist ein nahezu globales Phänomen (innerhalb von „Populationen“/Nationen und zwischen Ihnen. Unsere „modere“ Hochtechnologiegesellschaft selektiert sich nämlich definitiv und unumstößlich selbst weg (inkl. „Emazipation“, Aufklärung etc.).

    Das ist ein Megatrend. Dazu kommt dann das angesprochende Problem eines math. Exponentialwachstums (BAU) auf einem begrenztem Raum (Erde) inkl. der Untermengen „Peak Resources“, das Problem steigender Komplexitäten (technische Systeme die das Ganze (BAU) Aufrechterhalten werden komplexer, die Individuen bleiben (bestenfalls) aber gleich intelligent – jedes „SmartPhone“ nutzt Tunnerleffekte (!!!)), FIAT-System, Klimaerwärmung usw. Der ganze „Cocktail“ muss kollabieren, und das dauert keine 100 Jahre mehr, ich denke nicht mal mehr 20.

    Das ist wahrscheinlich auch ein Grund für die Seltenheit von (dauerhaft) raumfahrenden Zivilistationen. Selbst wenn nach dem unausweichlichen Kollaps der nat. Selektionsdruck erneut eine komplexe Zivilisation hervorrufen sollte, so hätte diese es unausweichlich schwerer, denn sie könnte z.B. für die nächsten 10 Mio Jahre oberflächennahe Ressourcen (Kohle, Zinn, Kupfer, Öl, etc.) weitgehend vergessen…

    Es ist Alles ein weites Feld!

  5. @Seth

    Ich nehme schon an das Grundzüge der Persönlichkeit, wie zB Stressresistenz oder Gefühlsbetontheit etc., genetisch vererbt sind. Bestimmt auch solche die das Kinder kriegen begünstigen.

    Aber wie dem auch sei, die, die keine Kinder haben werden bald nichtmehr hier sein. Soviel steht fest.

  6. „(…) durchsetzen werden sich Individuen die trotz Wohlstand dazu neigen viele Nachkommen zu zeugen. Nach einer Konsolidierungsphase (in der Individuen mit schwachem Kinderwunsch ausselektiert werden) würde die Menschheit also wieder beschleunigt wachsen wenn es die Versorgungslage erlaubt.“

    Klingt echt ziemlich abstrus. Wenn Hans Otto acht Kinder zeugt, übertragen sich doch keine Bums-Gene auf die acht Kinder die Hirn und Persönlichkeit ausschalten, was dazu führt das aus acht dann noch mal ein vielfaches davon wird.

  7. Wenn Öl und Gas (Ich rechne die beiden einmal zusammen) wegfielen,
    würde uns auch ein wichtiges Nebenprodukt fehlen: Das Helium.
    Dieses war ohnehin lange Zeit künstlich verbilligt, seit die Clinton-Regierung die strategische Heliumreserve auf den Markt gebracht hat.
    Auch wenn Benzin aus Kohle gemacht werden wird, wird vielleicht weiterhin Öl gefördert, als Nebenprodukt von He statt umgekehrt.

  8. @Robert Michel: Die Kohleverflüssigung garantiert quasi, dass die Preise für Erdöl nicht beliebig steigen – der Preis wird maximal auf die Kosten der Verflüssigung steigen und dort bleiben. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass die Produktion von Erdöl (aus dem Boden) zurückgehen wird. Die Frage ist, ob beim Preis der Kohleverflüssigung der Anreiz gross genug ist, zu anderen Energieträgern zu wechseln, und ob der Anstieg zum Preis der Kohleverflüssigung langsam genug ist, um einen wirtschaftlichen Übergang (im Gegensatz zu einem Crash) zu ermöglichen.

  9. Die Unmittelbare Lösung ist die Kohleverflüssigung, die nach dem Ende des Öls noch mindestens ein halbes Jahrhundert reicht. Vielleicht spielt Gas noch eine größere Rolle, da der Gasmarkt mit der Erschließung der unkonventionellen Vorkommen im starken Umbruch befindet, ist hier noch mit einigen Überraschungen zu rechnen. Langfristig also am Ende dieses Jahrhunderts wird man mit Hochtemperaturreaktoren (und damit verbunden der Erschließung des Thoriumkreislaufs) über den Schwefelsäure-Iod-Prozess Wasserstoff herstellen, der dann in geeignete Sekundärenergieträger umgewandelt werden kann. Eine Lücke in der erneuerbare Energien eine sinnvolle Rolle spielen könnten gibt es nicht.

  10. Ich weiß nicht, ob das „Problem“ „ignoriert werden kann.
    Beim „Peak Oil“ geht es Förderraten, nicht absolute Mengen.
    Es wird nicht an einem Tag X der letzte Tropfen verbraucht sein,
    sondern die Nachfrage wird nur zu einem kleiner werdenden Teil gedeckt werden.
    Da besteht Hoffnung, dass die Wirtschaft sich anpasst.
    Dieser Prozess ist schon längst im Gange.
    Die Erdölökonomie hat sich im Vergleich zu 1960 schon
    sehr verändert. Zum Beispiel wird Gas, das bei der Erdölförderung unvermeidliches Nebenprodukt ist, immer öfter nicht mehr abgefackelt,
    sondern zur Erhöhung des Lagerstättendrucks zurückgepumpt.
    Auch werden Rückstände, die früher nur noch für Teerpappen verwendet wurden, hydrogecrackt und die Benzinausbeute erhöht.

  11. @Matthias: Ignorieren eines Problems kann man eigentlich nicht geltend machen. Die UN führt Rahmenübereinkommen und Programme wie United Nations Framework Convention on Climate Change, Climate Change Conference und Emissions trading zur globalen Klimadiskussion.
    Fehlt für das Thema Peak Oil ein Problembewusstsein oder ist ein
    Konzept des Ölfördermaximums und davon abgeleitete zeitliche Prognosen unbrauchbar?

  12. Die Kunst ist halt, den Übergang zu den regenerativen Energien ohne Einbußen in der Lebensqualität zu schaffen. Biologisch abbaubaren Kunststoff gibt es ja bereits. Ich hab in Sachen Kernfusion und Iter ein gutes Gefühl. Man sieht ja an den Öl-Zentren wie Dubai, dass sie bereits begriffen haben, denn sonst wäre das immernoch ein Fischerdorf. Jeder will was existenzielles liefern oder hinterlassen, also bleiben dort die Großstädte mit riesigen Solarkraftwerken wenn das Öl weg ist.

  13. @Daniel: Das Fehlen eines Planes ist also der Hinweis, dass alles kein Problem ist? Das Erdöl wird nicht ewig weitersprudeln, soviel ist klar. Das Fehlen eines Planes deutet eher darauf hin, dass das Problem entweder nicht ernst genommen oder einfach ignoriert wird. Das Geschrei, wenn das Problem dann eintrifft, wird dafür umso grösser sein.

  14. @Matthias „Warum ist es kein Thema mehr”,
    Die Staaten bestimmen die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung. Ein konkretes Programm mit dem Thema Peak Oil sowie passendem Zeitplan, ist mir nicht bekannt. Im Bereich Geothermie ist aber trotzdem noch etwas Handlungsbedarf vorhanden.

  15. Solange der politische Wille zu einer nachhaltigen Energiezukunft in Ethikkommissionen anstatt in Expertenrunden diskutiert wird wird die Dringlichkeit des Themas wohl nicht zur Kenntnis genommen werden. Vielleicht kommt einmal die Zeitpunkt wo der faktische Druck so stark wird, daß sich jede Theorie erübrigt und hoffentlich kommt dieser Zeitpunkt rechtzeitig.
    Aus der jüngsten Ausgabe des WEO (World Energy Outlooks) geht hervor, daß bei vorsichtiger Einschätzung bisher beschlossener Regierungsmaßnahmen der Primärenergiebedarf zwischen 2010 und 2035 um ein Drittel steigen wird. 90 Prozent davon entfallen auf nicht-OECD Länder. Der Anteil fossiler Energien im weltweiten Primärenergieverbrauch sinkt von heute 81 auf 75 Prozent. Dafür steigern sich die erneuerbaren Energien von 13 auf 18 Prozent. Fukushima hat die Frage nach der zukünftigen Rolle von Atomenergie aufgeworfen. Das zentrale Szenario des WEO geht davon aus, daß Kernenergie bis 2035 um mehr als 70 Prozent zunehmen wird – auch nach dem Vorfall in Japan bekennen sich die meisten Länder zur Atomenergie. Mit fortdauernder Unsicherheit könnte sich das allerdings ändern.
    Ob erneuerbaren Energien, die wie Optimisten behaupten bis 2050 etwa 50 Prozent und 2100 fast 90 Prozent der Energieversorgung sichern sollen sich etablieren können wird wohl nicht zuletzt von politischen Weichenstellungen abhängen, etwa eine Verteuerung von Kohlendioxid- Emissionen und ein Technologie- und Kapitaltransfer in Entwicklungsländer. Globale Energietransportnetze werden gebraucht, um das Potenzial der Sonnenenergie zu nutzen und Schwankungen auszugleichen.
    Immerhin prognostiziert der WEO daß Für jeden Dollar, der bis 2020 nicht in saubere Energie investiert wird, nach 2020 4,3 Dollar zusätzlich investiert werden müssten, um die dann höheren Emissionen auszugleichen.
    http://www.iea.org/weo/

    Gruß
    MT

  16. @Daniel: Was meinst du damit? Warum ist es „kein Thema mehr“, wie soll es umgangen werden?
    „Business as usual“ geht zu Ende, wenn der Bedarf nicht mehr aus der Produktion gedeckt werden kann. Dieser Fall wird igendwann eintreffen, und wäre vielleicht schon eingetroffen, wenn die westliche Wirtschaft und damit deren Bedarf 2008 nicht eingebrochen wäre.

  17. Damit die höheren Energiepreise bezahlt werden können, sind bereits zusätzliche Staatsanleihen ausgegeben worden. Mit den ausgleichenden Wirkungen der globalen Finanzmärkte, ist ein Peak Oil Szenario heute kein Thema mehr. Aus dieser Sicht bleibt ein „business as usual“ gewährleistet.

  18. @Alex: Zumindest so lange die Selektionsphase nicht auch gleich die Hochtechnologiezivilisation mit rausselektioniert… Zudem gehst du, wenn du von Selektion sprichst, davon aus, dass diejenigen, die sich nicht fortpflanzen, wegsterben – was nicht zwingend der Fall sein muss. Okay, das war mein letzter Off-Topic hier. Mir ging es v.a. darum, dass Peak Oil – und Peak Gas, Peak Coal etc. – eine ganz andere Qualität hat als die restlichen Rohstoffe.

  19. @Matthias: Auf lange Sicht ist Wohlstand aber nur eine weitere evolutionäre Herausforderung für die Fortpflanzung; durchsetzen werden sich Individuen die trotz Wohlstand dazu neigen viele Nachkommen zu zeugen. Nach einer Konsolidierungsphase (in der Individuen mit schwachem Kinderwunsch ausselektiert werden) würde die Menschheit also wieder beschleunigt wachsen wenn es die Versorgungslage erlaubt.

  20. @Bernd Walther: Im Uran und Thorium unseres Planeten (und in der Strahlung der Sonne) steckt genügend Energie, im Sonnensystem (und in der Kruste des Planeten, wenn nötig) gibt es genügend Ressourcen, dass die Menschheit fast unbegrenzt weiterwachsen könnte, zumindest für die nächsten Jahrhunderte (dann kämen physikalische Grenzen in Reichweite).

    Das wird sie aber nicht, weil Wohlstand und technische Entwicklung die Fortpflanzung untergräbt – während die Welt sich dem Stand der westlichen Welt nähert, wird sie auch deren Fruchtbarkeitsraten erreichen – womit die Menschheit zumindest zahlenmässig wieder zu schrumpfen beginnt. Dann wird sich wohl auch eine neue Gesellschaftsordnung – vielleicht mit einem neuen Geldsystem – durchsetzen.

    Einer der grössten Stolpersteine auf dem Weg in eine solche Zukunft ist der Peak „Fossil“ – denn fossile Rohstoffe gibt es im Sonnensystem nicht bzw. ihr Transport würde sich nicht lohnen. Der Übergang weg von den fossilen hin zu den erneuerbaren und nuklearen Rohstoffen wird die Menschheit wirklich langfristig überlebensfähig machen – wenn er gelingt.

  21. Bernd
    14. Dezember 2011 um 08:30 Uhr

    Die peak oil Problematik ist Teil einer weitaus größeren peak everything Krise. Die industrielle Zivilisation beruht auf der Unmöglichkeit endlosen exponentiellen Wachstums in praktisch allen Bereichen, ohne dieses verliert das schuldbaiserte Fiatgeld seinen Wert, da es ohne zukünftiges Wachstum keine Werte speichern sein kann. Die Konsumparty der letzten 80 Jahre wird daher sehr bald für immer zu Ende gehen.

    Die Masse der Menschen wurde durch TV und Kinofilme darauf hin konditioniert an ewiges Wachstum und endlos steigenden Konsum zu glauben. Sie halten Science Fiction schon längst für machbar, doch bereits in der nahen Zukunft droht ein jähes Malthusianisches Ende dieses Narrenparadieses. Im Einklang mit der natürlichen energetischen und ressourcelichen Flußrate der Natur zu leben ist die einzige Möglichkeit, auf Dauer eine gesunde und nachhaltige Zivilisation am Leben zu erhalten. Jede Zivilisation die dies mißachtet und auf endloses exponentielles Wachstum setzt ist zum Scheitern verurteilt.

    Der ressourceliche Niedergang der industriellen Zivilisation wird viele schlimme gesellschaftliche Folgen haben. Uns droht ein neues Zeitalter extremer physischer Not und Gewalt. Die fetten Wohlstandsjahrzehnte haben durch ihr enormes Wachstum ein perfektes Szenario für einen geradezu apokalyptischen Kollaps der menschlichen Zivilisation entstehen lassen. Leider leisten die Medien ganze Arbeit darin, die Menschen mit Nebensächlichkeiten abzulenken und im Konsum ihr Glück suchen zu lassen.

  22. @Alex: Was die Alternativen angeht, mag sein, dass wir heute kein einfach transportierbares Speichermedium kennen, das eine höhere Energiedichte hat als Erdöl. Trotzdem, die meisten Autos fahren ein paar Kilometer, stehen dann mehrere Stunden lang, und werden dann dieselben paar Kilometer zurückgefahren. Das schreit geradezu nach einem Elektromotor, der für diese Zwecke auch absolut ausreichend ist. Für grössere Distanzen kann man immer noch einen Benzin-betriebenen Range-Extender einbauen.

    @Denis: Benzin aus Algen scheint sich – zumindest beim gegenwärtigen Stand der Technik – energetisch nicht wirklich zu lohnen. Siehe z.B. hier: http://advancedbiofuelsusa.info/the-energy-return-on-investment-for-algal-biocrude-results-for-a-research-production-facility

  23. So lange es wirtschaftlich ist, aus Paraffin (mit einer spezifischen Energie wie Benzin) Duftkerzen zu machen, die im Restpostenmarkt den Leuten aufgeschwatzt werden;statt es zu niedermolekulareren Treibstoffen zu verarbeiten, denke ich, kann Öl nicht SO knapp sein…

    Jedenfalls denke ich, und wohl auch viele andere Leute, dass es auf die Liquifisierung alles was Kohlenstoff und Wasserstoff mit positiven Oxidationszahlen enthält, hinausläuft.
    Dafür gibt es neue Verfahren , die minderwertige Ausgangsmaterialien nutzen können
    konventionelles Gas, Schiefergas,Bitumina, biogene Reststoffe wie Sulfitlauge aus der Papiererzeugung und Klärschlamm vor allem aber:
    Kohle, Braunkohle und vielleicht sogar Torf (gibt es reichlich in Westsibirien, trotz der schlechten ERoEI.

    Den Trend kann man auch darüber ableiten, das Kernreaktoren zur Produktion von heißem Wasserstoff (China, Südafrika) oder zur Dampfflutung von Erdölfeldern (Indonesien)
    geplant oder im Bau sind.

    Das gewaltige Volumen und die Unbekanntheit der Kohlenstoffströme im
    Ozean und der Erdkruste im Vergleich zur Atmosphäre lässt wohl manche hoffen, dass man C02 irgendwie unschädlich (und ökonomisch lagern kann).

    Es ist vielversprechend, tief in der Erde zu graben, ob auf der Suche nach Wärme, fossilen Energieträgern oder einer nutzbaren anderen Lage des thermodynamischen Gleichgewichts bei höherer Temperatur (z.B. abiogener Wasserstoff).
    Ich glaube, dass die Menschheit die gewaltigen Ressourcen des Erdinneren ( chemisch oder thermisch) nutzen wird in einem Umfang,
    das unser C02- Ausstoß marginal werden wird…

    Es ist auch nicht richtig dass nie ein zentraler Rohstoff plötzlich wegfiel:
    Die Abholzung der Wälder Europas für Holzkohle, die die ersten Stahlwerke befeuert wurde, machte Kohlebergbau erst nötig,
    und die Bronzezeit ging nicht zu Ende, weil Eisen das bessere Material war,( das war es erst noch nicht), sondern aus einem Mangel an Zinn.
    SRY für den wirren Stil, aber ein komplexes Thema resultiert in nicht ganz einfachen Gedankengängen

  24. Es gibt ein paar – leider unerwähnte – Faktoren, die die Gesellschaft in trügerischer Sicherheit wiegt, was die Reserven angeht.

    Zum einen ist da das Phänomen der sog. Ölkonstante. „In 50 Jahren geht das Öl aus“ ist eine Schlagzeile, die schon seit den 50er Jahren kursiert, bis heute. Die Auswirkung auf die Bevölkerung ist, daß keiner mehr an solche Aussagen glaubt.

    Punkt 2 ist, daß eine Aussage wie „das Öl reicht noch für 50 Jahre“ ja eine vereinfachte Rechnung als Basis hat, meist in der Form (Bekannte Ölreserven):(aktueller Verbrauch pro Jahr).
    Das ist natürlich Unsinn und verschweigt (neben dem steigenden Bedarf), daß dies bedeutet, daß das Öl bereits in der Hälfte der Zeit so teuer werden wird, daß man spätestens da eine Alternative braucht.

    Punkt 3 ist die Unkenntnis der meisten was die Möglichkeiten der Alternativen angeht. Die meisten Menschen – und dazu gehören auch Politiker – sind anscheinend der Meinung daß es nur eine Frage des Fortschritts ist, bis Batterien und Eletroautos so gut werden wie solche mit Ottomotor. Daß dies prinzipiell unmöglich ist, wissen sie nicht.

    Punkt 4 ist dann auch typisch menschlich: bevor es nicht wirklich nötig ist scheut man den Aufwand großer Umstellungen. Intensive, großangelegte Investitionen und Großprojekte zur Umstellung der gesamten Energieinfrastruktur sind in Zeiten mangelnder Energie – also Beyond Oil – vermutlich wohl nicht zu machen.
    Ähnlich ist das mit der heutigen Schuldenkrise; ich kann mich noch erinnern daß es zu meinen Kindheitszeiten immer hieß „diese Schuldenpolitik werden unsere Kinder einst bezahlen müssen“. Bingo. Wieso hatte man damals nichts unternommen?

    Fazit: der Mensch ist unfähig, langsame Entwicklungen in ihrer Bedrohlichkeit richtig einzuschätzen und dies gilt offenbar auch für Politiker. Evtl. erst recht für diese, da sie ja nur in 4-Jahres-Legislaturperioden denken müssen während man in der Energiepolitik viele Jahrzehnte voraus denken und handeln muß.

    Gruß Alex

1 Trackback / Pingback

  1. Medienhype: Statoil entdeckt 7-Welt-Tages-Reserve-Ölfeld | peak-oil.com

Kommentare sind geschlossen.