Starlink – 42000 Satelliten für das globale Internet

Visualisierung des Starlink-Satelliten-Netzwerks. Quelle: starlink.com / SpaceX.

Die private US-Raumfahrt-Firma SpaceX will eines Tages Menschen zum Mars transportieren. Aber nicht „koste es, was es wolle“, denn im Gegensatz zur NASA (oder, bis zu einem gewissen Grad, auch Jeff Bezos‘ Firma Blue Origin) sind die finanziellen Mittel von SpaceX begrenzt. Es ist eine normale Firma, die ihre Ausgaben durch entsprechende Einnahmen decken muss. Heute kommen die Einnahmen vorwiegend aus Raketenstarts für private Firmen sowie für die NASA, aber damit lassen sich nicht die Art von Milliarden-Gewinnen generieren, die für eine besatzte Mars-Mission nötig wären. Wie also soll der Flug zum Mars finanziert werden? Die Antwort darauf, das wissen wir seit ein paar Jahren, ist Starlink.

Was ist Starlink? Eine Satelliten-Konstellation für das globale Internet, also tausende von Satelliten, die rund um die Erde verteilt, untereinander und zwischen Bodenstationen Daten übermitteln und so in Konkurrenz zu herkömmlichen Datenkabeln im Boden treten. Die Starlink-Satelliten werden in verschiedenen Schalen wie ein „Kragen“ rund um die Erde positioniert, so dass nur die höchsten Polregionen nicht systematisch abgedeckt werden. Im Endausbau soll dies einen gleichmässigen Empfang des Satelliten-Signals auf der gesamten Erde ermöglichen, also auch in Ländern und Regionen, die heute kaum (schnellen) Zugang zum Internet haben. Zudem ist das System ziemlich abhörsicher, was das Interesse des US-Militärs geweckt hat.

Satelliten-Internet ist keinesfalls eine neue Idee. Einer der bekanntesten Akteure heute ist die US-Firma Iridium, die mit ihren „Iridium-Satellitentelefonen“ bereits in den späten 1990er Jahren erste technische Erfolge verbuchte, am Ende aber zu wenige Kunden fand und Bankrott erklären musste. Heute ist die Firma wieder aktiv, die Iridium-Konstellation umfasst 75 aktive Satelliten (wobei die neue Generation dieser Satelliten, die heute im Einsatz ist, von SpaceX gestartet wurde). Daneben sind noch einige weitere Konstellationen aktiv, und zahlreiche neue sind geplant, mit insgesamt einigen tausend geplanten Satelliten (z.B. plant Jeff Bezos‘ Amazon die Kuiper-Konstellation mit 3000 Satelliten). Doch keine dieser Konstellationen kann sich, was die Anzahl der Satelliten angeht, mit Starlink messen: für Starlink sind nämlich gegenwärtig bis zu 42’000 Satelliten angedacht…

Zum Vergleich: gegenwärtig umkreisen etwa 1500 aktive Satelliten die Erde. Dazu kommen noch knapp 20’000 künstliche Objekte mit bekannten Bahnen im Erdorbit, darunter nicht mehr funktionsfähige Satelliten und kleine Trümmer bis hinunter zu einigen Zentimetern Grösse (es gibt sicherlich noch mehr, noch kleinere Trümmer, aber diese sind zu klein, als dass sie vom Boden aus erfasst werden können). In ihrer maximalen Auslegung würde die Starlink-Satellitenkonstellation die Anzahl aktiver Satelliten im Erdorbit also knapp Verdreissigfachen! Warum diese grosse Zahl? Die Starlink-Satelliten umkreisen die Erde nur in etwa 550 km Höhe, nur etwas höher als die internationale Raumstation ISS auf rund 400 km Höhe.

Das hat zwei Gründe: erstens ist die Signalverzögerung umso kleiner, je näher die Satelliten der Erde sind. Zweitens ist es so einfacher und billiger, den Satelliten am Ende seiner Lebenszeit in der Atmosphäre verglühen zu lassen. Selbst wenn die speziell entwickelten, Krypton-basierten Ionen-Triebwerke der Satelliten (die ersten, die jemals in der Raumfahrt eingesetzt wurden) irgendwann versagen sollten, würde der Satellit aufgrund der sehr, sehr dünnen Restatmosphäre auf dieser Höhe langsam gebremst, um im Verlauf von ein bis fünf Jahren von selbst abstürzen und zu verglühen. Doch umgekehrt bedeutet die Nähe der Starlink-Satelliten zur Erde auch, dass das von ihnen abgedeckte Gebiet relativ klein ist – entsprechend viele braucht es davon.

Die erste Generation Starlink-Satelliten wurde im Mai dieses Jahres gestartet – 60 Satelliten der „Version 0.9“ (voll funktionsfähig, ausser den Satellit-zu-Satellit-Laser-Links) wurden, hochkompakt übereinander gestapelt, von einer teilweise wiederverwendbaren Falcon 9 Rakete in die Umlaufbahn gebracht. Noch in diesem Jahr soll es mindestens zwei weitere Starlink-Starts geben: der erste ist für Mitte November, der zweite bereits für Ende November angesetzt. Nun soll die vollständige „Version 1.0“ zum Einsatz kommen. Wenn es klappt mit diesen beiden Starts (und daran gibt es kaum Zweifel) hätte SpaceX schon im ersten Jahr mehr als doppelt so viele Starlink-Satelliten in die Erdumlaufbahn gebracht, als Iridium überhaupt besitzt.

Doch das ist erst der Anfang: 6 Starts (360 Starlinks) sind notwendig, um die nördliche Hemisphäre in den Breitengraden der USA (und der südlichen Hälfte von Europa) abzudecken. Bereits nächstes Jahr soll dies erreicht sein, und SpaceX wird gemäss SpaceX-Präsidentin Gwynne Shotwell dann damit beginnen, das System auf den Markt zu bringen. Ein Sender/Empfänger von der Grösse einer „Pizza-Box“ (gemäss SpaceX) ist ausreichend, um eine Verbindung aufzubauen. SpaceX peilt also nicht den Mobilfunk-Markt an (wie Iridium), sondern Heim- und Outdoor-Anwender. Nach 24 Starts (1440 Starlinks) ist das erste globale Netzwerk funktionsfähig – alle Starts danach verbessern die Signalstärke und Bandbreite.

Mittelfristig soll die Falcon 9 durch das vollständig wiederverwendbare Starship Super Heavy System abgelöst werden – und Starship kann wegen der viel höheren Nutzlast von fast 200 Tonnen in den Erdorbit rund 400 Starlink-Satelliten aufs Mal starten! Das heisst, nach etwa 25 Falcon 9 Starts müssten „nur“ noch 100 Starship Super Heavy Starts folgen, um die maximale Ausbaustufe von 42’000 Satelliten zu erreichen. Doch selbst wenn alle Satelliten oben sind, müssen sie regelmässig ersetzt werden. Da sie für eine Lebensdauer von 5 Jahre ausgelegt sind, müssen jedes Jahr 8400 neue Satelliten gestartet werden. Das sind 21 Starts von Starship Super Heavy pro Jahr, oder rund zwei pro Monat, in etwa die Häufigkeit, mit der heute die Falcon 9 startet.

Die erwarteten Erträge aus dem Verkauf von schneller, globaler Bandbreite via Starlink liegen im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich – pro Jahr. Mehr als genug, um das Marsprojekt voranzutreiben. Starlinks könnten dereinst auch in der Mars- oder Mond-Umlaufbahn ausgesetzt werden, um dort die globale Kommunikation sicherzustellen. Modifizierte Starlinks könnten selbst in der wissenschaftlichen Weltraumforschung zum Einsatz kommen, so könnte etwa ein „Schwarm“ von modifizierten Starlinks ausgesetzt werden, um zum Beispiel einen Kometen (oder das Mondsystem eines Gasplaneten im äusseren Sonnensystem) aus unterschiedlichsten Perspektiven zu untersuchen. Mit Starship Super Heavy steht auch das entsprechende Startsystem bereit.

Was bedeuten so viele Satelliten für den Erdorbit und unseren Nachthimmel? Zunächst einmal wird die Gefahr von Satelliten-Kollisionen grundsätzlich erhöht, wenn mehr Objekte da oben sind: allein schon deshalb, weil die Querschnittfläche, mit der unbekannte, kleine Trümmerteile zusammenstossen können, wächst. Allerdings ist diese Gefahr auf diesen eher tiefen Orbits nicht so gross, wie man zunächst meinen könnte – Trümmerteile, die so nahe an die Erde herankommen, stürzen innerhalb von ein paar Jahren sowieso ab. Die Satelliten werden am Tag nicht sichtbar sein, aber in der Dämmerungszone wären in der höchsten Ausbaustufe stets einige hundert Satelliten sichtbar, im Sommer sogar teilweise die ganze Nacht hindurch.

Das ist nicht unproblematisch. Neben dem rein ästhetischen Problem (die meisten Menschen wissen wohl ohnehin nicht, dass man schon heute in der Dämmerungszone Satelliten von blossem Auge sehen kann) ist auch das Problem der Radiofrequenzen, die die Satelliten brauchen, um mit ihren Bodenstationen zu kommunizieren. Das stört z.B. die Radio-Astronomie – so sehr, dass SpaceX von der zuständigen Regierungsbehörde verpflichtet wurde, mit den Radio-Astronomen in den USA zusammenzuarbeiten. Die Starlinks müssen ihre Sender ausschalten, wenn darunter gerade Radio-Astronomie betrieben wird. Auch optische Beobachtungen mit grossen Teleskopen werden schwieriger, wenn Satelliten während der Belichtungszeit durch das Sichtfeld des Teleskops ziehen.

Das kann man nun bedauerlich finden – oder es als Chance sehen, die grossen Teleskope ein für alle Mal ins All zu verlagern. Grosse, wiederverwendbare Raketen wie Starship Super Heavy oder New Glenn werden in den kommenden Jahren den Zugang zum Weltraum deutlich günstiger machen. Hubble-Nachfolger-Teleskope, die das Hubble komplett in den Schatten stellen (wie z.B. LUVOIR und HabEX), sind die Zukunft der beobachtenden Astronomie. Radioastronomie kann künftig auch von der erdabgewandten Seite des Mondes aus betrieben werden – dort wird praktisch alle irdische Radio-Strahlung durch den Mond selbst blockiert. Und Starlink selbst eröffnet die theoretische Möglichkeit, auf viele Satelliten verteilte, vernetzte Teleskope zu bauen, die Baselines von hunderttausenden von Kilometern haben, mit einem Auflösungsvermögen jenseits von allem, was auf der Erde je möglich wäre.

Die Erde ist die Stadt der Menschheit. Die einzige, bisher, aber das wird vielleicht nicht immer so bleiben. Das Leben in einer Stadt bringt viele Vorteile mit sich – aber eben auch Nachteile, wie etwa den Verlust des dunklen Nachthimmels. Früher gab es in jeder grösseren Stadt eine aktive Sternwarte – heute sind diese zu reinen Publikums-Institutionen geworden, weil es wegen der Lichtverschmutzung schlicht aussichtslos ist, anspruchsvolle Beobachtungen durchzuführen. Die Astronomie hat sich angepasst und sich Orte weit abseits der Städte gesucht, um dort ihre immer besseren Teleskope aufzustellen. Nun steht einfach der nächste Schritt in dieser Entwicklung an. Die Ära der Mega-Konstellationen hat begonnen, und es gibt kein Zurück.

Was meinst du? Würdest du dein Internet über die SpaceX-Satellitenkonstellation beziehen und damit das Marsprojekt mitfinanzieren wollen? Wie werden die Reaktionen weltweit ausfallen? Schreib es in die Kommentare!

1 Kommentar

  1. Tja, terrestrisches Spechteln, so mit 4,5-Zöller auf dem nächtlichen Balkon, das war einmal… genau wie Nomadentum in Afghanistan, Reisen auf eigene Faust, handgemachte Musik, unbehelmte Kindheit, Aufenthalte im Freien ohne Wischwanze (viel zu gefährlich!), Privatsphäre, Autonomie und selbstbestimmtes Leben.

    Trösten wir uns: alles das wird es selbstredend online als virtuelle Simulation geben, und wenn erst die neuroelektronische Direktvernetzung von Gehirnen mit dem Internet kommt, derart perfektioniert, dass sogar das Bewusstsein, nur ein Computerspiel zu spielen, für die Dauer der Nutzung ausgeschaltet ist – wie eine Psychose, nur viel schöner! Auf in die Matrix!

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