Helium-3 vom Mond – lohnt sich das?

MoonMining
Künstlerische Darstellung: offener Tagbau auf dem Mond (Quelle: peacepalacelibrary.nl)

In jeder Diskussion über Weltraumrohstoffe kommt früher oder später das Thema „Helium-3 vom Mond“ auf. Spätestens seit Frank Schätzings SciFi-Thriller „Limit“ (2009) ist das Thema auch in einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Im Buch betreibt ein US-Milliardär im Jahr 2024 (! Wie bald das mittlerweile ist…) eine Station auf dem Mond, um dort das seltene Helium-3 abzubauen und es in Kernfusionsreaktoren auf der Erde zu verbrennen. China will auch einen Teil des Helium-3-Kuchens, und die Ölkonzerne sind nicht glücklich über die Situation. Das Buch ist lesenswert, aber – ist es auch realistisch? Welches wirtschaftliche Potential hat das Helium-3 wirklich?

Zunächst ganz grundsätzlich, was ist Helium-3 und warum sollte man es abbauen wollen? Helium, das zweithäufigste Element im Universum, kommt in der Natur in zwei Varianten (Isotopen) mit unterschiedlicher Häufigkeit vor: Helium-3 und Helium-4. Während Helium-3 insgesamt seltener ist, ist es in der Erdatmosphäre besonders selten. Warum? Helium ist zu leicht, um von der Erde dauerhaft gebunden zu werden – es entweicht über Jahrmillionen in den Weltraum. Der Sonnenwind, ein Strom von elektrisch geladenen Atomen, der mit 400 km/s von der Sonne ausströmt, enthält zwar etwa 5% Helium (wobei etwa eines von 2200 Helium-Atomen ein Helium-3 ist), doch das Erdmagnetfeld hält ihn von der Erde fern. Das Helium der Erdatmosphäre wird stattdessen von zwei anderen Quellen nachgeliefert: Erstens aus Vulkanen, die sowohl Helium-3 als auch Helium-4 aus dem tiefen Erdinnern freisetzen. Zweitens der radioaktive Zerfall von Uran und Thorium, welcher ausschliesslich Helium-4 beiträgt. Insgesamt führt das zu einer Atmosphäre, in der nur eines von 700’000 Helium-Atomen ein Helium-3 ist. Auf dem Mond ist die Situation ganz anders: Der Mond hat weder eine Atmosphäre, noch ein Magnetfeld: seine Oberfläche ist dem Sonnenwind schutzlos ausgesetzt. Obwohl die Atome des Sonnenwinds nur ein paar Mikrometer tief in die Oberfläche des Mondes eindringen, bevor sie stecken bleiben, wird diese durch Asteroiden-Einschläge immer wieder umgeschichtet, so dass mindestens die obersten zehn Meter des Mondes mit Sonnenwind gesättigt sind. Der Beitrag des Sonnenwindes zum Mond-Helium ist sehr viel grösser als der Beitrag des radioaktiven Zerfalls von Uran und Thorium – Helium-3 ist deshalb vergleichsweise häufig.

Helium-3 kommt heute in der Wissenschaft (zur Kühlung auf sehr tiefe Temperaturen) und der Medizin (bildgebende Verfahren) zum Einsatz. Es kostet etwa 2000 Dollar pro Liter, oder 15 Millionen Dollar pro Kilogramm, und gehört damit zu den teuersten Substanzen überhaupt. Der Weltbedarf beträgt aber etwa 60’000 Liter oder 8 kg pro Jahr. Praktisch alles kommerziell erhältliche Helium-3 stammt aus dem Zerfall des radioaktiven Wasserstoff-Isotops Tritium (Halbwertszeit 12.3 Jahre) aus Kernfusions-Bomben und aus Kernreaktoren. Der heutige Helium-3 Markt ist nicht gross genug,  um einen Abbau auf dem Mond zu rechtfertigen, denn der Preis würde mit der neuen Quelle rasch sinken: auf der Höhe des Kalten Krieges, als noch viel mehr Kernfusions-Bomben existierten, lag er bei 100 Dollar pro Liter. Es scheint nicht plausibel, dass man bei diesem Preis (750’000 Dollar pro kg) die Versorgung vom Mond finanzieren könnte.

Langfristig gesehen ist jedoch ein sehr viel grösserer Markt für Helium-3 denkbar, der einen Abbau auf dem Mond wirtschaftlich machen könnte: als Brennstoff für fortschrittliche Kernfusions-Reaktoren. Experimentelle Kernfusionsreaktoren verwenden heute fast ausschliesslich Deuterium-Tritium (DT) als Brennstoff. Bei der Fusion dieser beiden Wasserstoff-Isotope wird jedoch stets ein energiereiches Neutron freigesetzt. Diese Neutronen können nicht durch Magnetfelder gelenkt werden, weshalb sie in die Reaktorwand prallen und dort Kernreaktionen auslösen: dadurch wird das Reaktorgehäuse radioaktiv und muss nach einer gewissen Zeit entsorgt werden – als radioaktiver Abfall. Kernfusionskraftwerke, wie sie heute geplant werden, sind also keineswegs so „sauber“ wie manchmal behauptet wird.

Die Fusion von zwei Helium-3 Atomen hingegen führt nicht zu Radioaktivität, denn es entstehen zwei Protonen und ein Helium-4, die mit magnetischen Feldern von den Reaktorwänden ferngehalten werden können. Die Fusion von Helium-3 mit Deuterium ist auch möglich, liefert etwas mehr Energie pro Reaktion, aber durch die unvermeidbare Fusion von Deuterium-Kernen untereinander (DD) entstehen wieder Neutronen, Tritium und damit etwas Radioaktivität, allerdings deutlich weniger als bei DT. Das Problem aber ist, dass beide Reaktionen mit Helium-3 sehr viel höhere Temperaturen brauchen als DT. Die heute und in naher Zukunft existierenden experimentellen Kernfusionsreaktoren sind also gar nicht in der Lage, Helium-3 als Brennstoff zu nutzen. Das käme frühestens für eine zweite Reaktoren-Generation in Frage. Attraktiv ist die Idee trotzdem: der heutige Weltstrombedarf könnte mit nur gerade 200-300 Tonnen Helium-3 pro Jahr gedeckt werden. Wollte man den heutigen Weltstrombedarf aus bestehenden kommerziellen Reserven decken, wären diese nach nur 6 Stunden aufgebraucht. Das gesamte Helium-3 in der Atmosphäre wäre bereits nach einem Jahrhundert erschöpft.

Doch wie sieht es auf dem Mond aus? Hier vermutet man eine Million Tonnen, die den heutigen Weltstrombedarf für 3300 Jahre decken könnten. Um das Helium-3 zu extrahieren, müsste der Regolith, die oberste Staubschicht des Mondes, auf etwa 900°C aufgeheizt werden. Dann müsste – z.B. durch Kühlung – das Helium von den restlichen Gasen getrennt werden. Am Ende müsste es auch noch vom Helium-4 abgetrennt werden, entweder durch weitere Kühlung, oder durch eine andere Anreicherungsmethode (z.B. Zentrifugen). Der Ertrag ist nicht sehr hoch: Bei einer typischen Konzentration von 3.3 ppb (Teile pro Milliarde) enthält eine Tonne Regolith etwa 3.3 Milligramm Helium-3. Um die 300 Tonnen Helium-3 zu produzieren, müssten pro Jahr 90 Milliarden Tonnen Regolith verarbeitet werden. Ein grosser Tagbau-Bagger der „Garzweiler“-Klasse (siehe Titelbild) schafft etwa 240’000 Tonnen pro Tag – es wären also gut 1000 Stück davon nötig. Bei zehn Metern Abbautiefe müssten pro Jahr 4500 Quadratkilometer umgegraben werden, also alle neun Jahre eine Fläche von der Grösse der Schweiz. Ein gewaltiger Aufwand, der – bei Strompreisen von 3 Cent pro Kilowattstunde – mit etwa 300 Milliarden Dollar pro Jahr gedeckt werden müsste.

Der Aufwand mag gewaltig sein, aber lohnt es sich wenigstens energetisch? Der Transport der Erde erfordert eine Geschwindigkeitsveränderung („Delta-v“) von etwa 2.4 km/s. Das entspricht einer Energie von 2.9 Megajoule pro Kilogramm. Dazu kommt aber die Aufheizung auf 900°C (von ca. 100°C auf der Tagseite). Bei einer typischen Wärmekapazität von 600 J/kgK sind das etwa 500 Megajoule pro Tonne Regolith. Für ein Kilogramm Helium-3 müssen 300’000 Tonnen Regolith entgast werden, dafür sind insgesamt 150 Terajoule (Millionen Megajoule) nötig. Der Energieaufwand für das Abtrennen von anderen Gasen sowie von Helium-4 kommen noch dazu. Der nominelle Brennwert von Helium-3 (in der saubersten Fusions-Variante) beträgt gut 210 Terajoule pro Kilogramm, und das ist noch vor Effizienz-Verlusten gerechnet. Insgesamt halten sich der energetische Aufwand und der energetische Ertrag in etwa die Waage, was nie ein gutes Zeichen für einen Energierohstoff ist. Trotzdem: der mögliche Energie-Ertrag ist 70 Millionen Mal grösser als der Aufwand, um das Helium-3 vom Mond zur Erde zu transportieren. Das heisst – wie beim Erdöl auf der Erde – die Transportkosten spielten beim Preis kaum eine Rolle. Das eröffnet neue Möglichkeiten: Wenn wir einen Ort finden, an dem die Bedingungen für die Helium-3-Gewinnung besser sind als auf dem Mond, können auch grössere Distanzen bzw. grössere Delta-v problemlos verkraftet werden. Tatsächlich gibt es solche Orte im Sonnensystem: die Atmosphären der Gasriesen.

Uranus ist der massenärmste der Gasriesen, das heisst, man kommt von ihm am leichtesten wieder weg. Der Energieaufwand, um ein Kilogramm Helium-3 aus der Uranus-Atmosphäre zur Erde zu bringen, ist mit ca. 450 Megajoule pro Kilogramm zwar fast 200 Mal höher als beim Mond. Aber im Gegensatz zum Mond liegt das Helium-3 in der Uranus-Atmosphäre bereits als Gas vor – es macht bereits 0.005% der Atmosphäre aus und muss nur noch von den anderen Gasen abgetrennt werden. Darüber hinaus ist es auch nahezu unerschöpflich: Insgesamt gibt es etwa 400 Billiarden Tonnen Helium-3 in der Uranus-Atmosphäre. Genug, um den 300’000-fachen Weltstromverbrauch (heute) für die nächsten 5 Milliarden Jahre zu decken. Wenn Helium-3-Fusion auf der Erde jemals funktioniert, dann scheint es deshalb plausibel, dass man das Gas direkt auf dem Uranus holen wird – und damit die uralte, schöne Mondoberfläche für die Touristen bewahrt.

Hinweis: Dieser Artikel wurde als Reaktion auf drei Leserkommentare (siehe unten) drei Mal aktualisiert. Danke!

14 Kommentare

  1. Ich stelle einfach mal die Frage. Würde die Herstellung von He-3 aus Li-6 nicht völlig ausreichen um den Bedarf zu decken? Warum bitte müssen wir dafür zum Uranus? Die Spaltung von Li-6 erzeugt Tritium, das zu He-3 zerfällt. Wenn ich den Li-6 Anteil von 7,8% auf 53 Millionen Tonnen Lithiumvorkommen weltweit hochrechne, bin ich bei ca 4 Mio Tonnen Li-6 das zu ca 2 Mio Tonnen He-3 weiterverarbeitet werden kann… Dem stehen die genannten 300 Tonnen gegenüber um den weltweiten Bedarf pro Jahr zu decken.
    In 6000 Jahren beschäftigen sich dann bestenfalls Archäologen mit dem Thema Fusionsreaktoren.

    • Hallo Catalyst,

      Matthias hat sich bei der Angabe 200 bis 300 Tonnen pro Jahr offenbar um eine Stelle verrechnet.

      Wenn ich den heutigen Primärweltenergiebedarf von 600 EJ/Jahr mit einer He3+He3 Fusion decken will, brauche ich bei 12,86 MeV Energiegewinn pro Reaktion nach meiner Berechnung 2917 Tonnen He3 pro Jahr.
      2 Millionen Tonnen He3 wären dann nach 686 Jahren aufgebraucht.
      Der Weltenergiebedarf wird steigen, sich vielleicht auf dem 5-fachen des heutigen stabilisieren. Wenn dann die Hälfte des 5-fachen Weltenergiebedarfs durch He3+He3 Fusion gedeckt werden soll, reichen 2 Millionen Tonnen nur noch 274 Jahre.

      Der nächste Punkt sind die Kosten.
      Bei 100$/Liter He3, bei dem Matthias ein Abbau im Weltraum nicht plausibel erscheint, komme ich auf Brennstoffkosten von 1,3 Cent/kWh für die thermische Energie. Bei einem Nettowirkungsgrad von einem Drittel wären das 3,9 Cent/kWh elektrischer Energie. Allein die Brennstoffkosten wohlgemerkt. Dazu kämen noch die Fix- und Baukosten für das Fusionskraftwerk, die vermutlich höher sind.
      Bei 2000$/Liter He3 sind die Brennstoffkosten 20-mal höher 26 Cent/kWh für thermische Energie bzw. 78 Cent/kWh elektrische Energie.
      Selbst im ersten Fall ist das wohl teurer als andere Möglichkeiten elektrische Energie zu erzeugen.

    • @Catalyst: Könnte man sicher. Allerdings muss man das Tritium bzw. Helium-3 mit langsamen Neutronen aus dem Lithium erbrüten. Das erfordert also einen „schmutzigen“ Kernreaktor (oder genauer, eine ganze Reihe davon, gemessen daran, wie viel Tritium/Helium-3 man erbrüten müsste), von denen man ja ursprünglich wegkommen wollte. Zudem hat die Gewinnung von Helium-3 auf einem kleinen Gasriesen den Vorteil, dass es auch für interplanetare (interstellare?) Flüge direkt zur Verfügung steht.

      @UMa: Die Diskrepanz kommt daher, dass ich für den Weltstromverbrauch (und ohne Verluste) gerechnet hatte, nicht den Primärenergieverbrauch. Ich habe oben im Artikel dann aber „Weltenergiebedarf“ geschrieben, das ist irreführend – ich korrigiere das gleich. Aber natürlich müsste man nicht direkt den Primärenergieverbrauch ersetzen: bei einer neutronenfreien Reaktion wird man nicht mehr Wasser oder ein anderes Arbeits-Fluid heizen/verdampfen/kondensieren (wie bei fossilen Brennstoffen und konventionellen Kernkraftwerken), sondern die Energien der resultierenden Teilchen durch Induktion abgreifen – das dürfte wesentlich effizienter sein. Aber natürlich wird der Energiebedarf insgesamt weiter steigen, vielleicht so sehr, dass der zukünftige effektive Bedarf in etwa dem heutigen Primärenergiebedarf entspricht.

      • @Uma: Die Frage ist doch viel grundsätzlicher. Wenn ich utopische Bergbauverfahren wie Abbau einer gigantischen Mondoberfläche, oder die Filterung der Atmosphäre von Gasriesen in Betracht ziehe, dann kann ich auch den Lithiumanteil der oberen Erdkruste von 2 Billionen Tonnen hernehmen und mir Gedanken machen, wie ich die zusätzlich erschließen kann. Spätestens im Meerwasser werden über 200 Milliarden Tonnen vermutet, und der Abbau dürfte sich wohl mindestens nicht schwerer gestalten, als Gasfabriken in der Uranusatmosphäre. Ich bitte Sie..

        @Catalyst: So wie ich das verstanden habe, möchte man für die ersten Generationen der Fusionsreaktoren sowieso das Tritium erbrüten indem man freiwerdende Neutronen zur Spaltung von Lithium nutzt. Der Reaktor liefert also sozusagen seinen eigenen Brennstoff. Eine zweite Generation von D-He3-Reaktoren könnte also einen guten Kompromiss zu freiwerdenden Neutronen und He-3 Produktion liefern, die sich dann in noch saubere Energie umsetzen lässt. Komplett strahlungsfreie Kernkraft wäre zwar noch schöner, rechtfertigt hier aber bei Weitem nicht den Aufwand eines direkten interplanetaren He3 Abbaus. In Anbetracht des Kosten-Nutzen-Verhältnisses wird sich auch jedes wirtschaftlich denkende Unternehmen für diesen Weg entscheiden.

        • @Catalyst: Die Idee utopische Bergbauverfahren wie Abbau einer gigantischen Mondoberfläche, oder die Filterung der Atmosphäre von Gasriesen ist nicht von mir. Ich halte es dagegen für Fragwürdig, ob sich das zu einem Preis machen ließe, bei dem sich die Energieerzeugung auf der Erde lohnt.
          Der Abbau des gesamten Gehaltes der Erdkruste würde wohl zu viele andere Substanzen frei setzten, als das dies ratsam wäre.

          • @UMa: Das Thema taucht ja öfters mal auf. Ich bin der Meinung dass es sich um eine Art Marketing-Campagne handelt um Raumfahrt wirtschaftlich zu machen, was ja ein super Ansatz ist. Dabei wird gebetsmühlenartig auf das natürliche Vorkommen von HE3 verwiesen (komplett irrelevant). Ähnlich sieht es mit den Hochrechnungen aus, die sich am aktuellen Preis von He3 orientieren: – Soweit ich weiß wird He3 nur für wissenschaftliche Zwecke, bei extrem geringer Nachfrage verwendet. So einen Kontext kann man auch nicht ernsthaft auf ein Szenario übertragen, bei dem He3 im großen Stil für Fusionsenergie in Frage kommt.
            Guter Ansatz. Aber in diesem Fall gehört die Science-Fiction dahin wo sie herkommt: In Romane von Frank Schätzing.

      • @Matthias: Ich habe das nochmal nachgerechnet. Mit 200-300 Tonnen kommt man auch für den heutigen Weltstrombedarf nicht hin.
        He3 habt bei der He3+He3 Reaktion 205,7 TJ/kg. Die Bruttostromerzeugung in der Welt ist 2018 voraussichtlich bei 26225 TWh. Im Falle von 100% Wirkungsgrad würde das 459 Tonnen He3 pro Jahr erfordern.
        Ist der Wirkungsgrad w geringer als 1, sind es 459/w Tonnen.
        Für DEMO habe ich mögliche Wirkungsgrade von 0,17 (allerdings Netto) bis 0,50 gefunden.
        Falls ein hypothetischer Reaktor für He3+He3 dazwischen läge, wäre der He3 Bedarf bei 918 bis 2700 Tonnen pro Jahr.
        Niedriger wäre der Bedarf an He3 bei der D+He3 Reaktion.

        Das nächste Problem ist, dass für He3+He3 die abgegebene Bremsstrahlung die Fusionsleistung übersteigt, so dass im Unterschied zu D+T, D+D, D+He3, in optisch dünnem, quasineutralem Plasma der break-even nicht erreichbar ist, siehe
        https://en.wikipedia.org/wiki/Nuclear_fusion#Bremsstrahlung_losses_in_quasineutral,_isotropic_plasmas
        Was für ein Design stellst Du Dir also für einen He3+He3 Reaktor vor?

        Der nächste Punkt sind die Kosten. Ich nehme an, dass die Konstruktionskosten für einen Reaktor um so höher sind, je schwieriger die Reaktion zu erreichen ist.
        Die Kosten pro kWh, ohne den Brennstoff, werden für einen D+T Fusionsreaktor also höher sein, als für einen Uran Kernspaltungsreaktor. Noch einmal höher für D+D und D+He3. Und eben für He3+He3 noch einmal höher. Zumindest halte ich das für plausibel, je schwieriger desto teurer.

        Die Stromerzeugung in Deutschland bei heutigen Preisen allein mit Windenergie, Photovoltaik Batteriespeichern und Power-to-Gas Anlagen abzudecken würde nach meinen Berechnungen ca. 10 Eurocent/kWh kosten. Wenn der Strom aus einem Fusionskraftwerk teurer ist kann man es, abgesehen von einem Zusatznutzen wie Kraftwärmekopplung wohl bleiben lassen.
        Davon wird wohl ein Großteil für die Baukosten drauf gehen, falls die nicht schon ohnehin höher sind.
        Selbst wenn das Kraftwerk umsonst wäre, ergibt sich ein maximaler Preis von 5714*w €/g He3 bzw. 769*w €/Liter He3 bei dem sich die Stromerzeugung aus He3 noch lohnt. Dabei ist w wieder der Wirkungsgrad.
        Wenn der Wirkungsgrad nicht hoch ist, das Kraftwerk doch etwas kostet oder die Kosten für Speicher und PV weiter fallen wird es eng werden, finde ich.
        Zu welchen Preisen denkst Du kann man He3 in Weltraum, auf dem Mond oder Uranus, abbauen?
        Oder auf der Erde aus Li erzeugen?

      • @Matthias: Bei der D + T Fusion sollen die freiwerdenden Neutronen aus Li6 T produzieren.
        Deswegen erscheint es zunächst ungünstig T bzw. He3 bei einer aneutronischen Fusion aus Li6 herstellen zu wollen, da die Neutronen für die Reaktion mit Li6 fehlen. Aber bei He3 + He3 werden Protonen freigesetzt. Und diese könnten, wenn sie auf Li6 treffen, direkt He3 erzeugen.
        p + Li6 zu He4 + He3
        Allerdings muss man reines Li6 verwenden. Mit p+ Li7 würden neben 2He4 auch Be7 + n entstehen.
        https://en.wikipedia.org/wiki/Aneutronic_fusion

  2. „Dazu kommt die Aufheizung auf 900°C (von ca. 100°C auf der Tagseite). Bei einer typischen Wärmekapazität von 600 J/kgK sind das nur etwa 0.5 Megajoule pro Kilogramm.“
    Pro Kilogramm Helium oder pro Kilogramm Regolith? Du schreibst doch, dass man eine Tonne Regolith so stark erhitzen müsste, um 3 mg Helium-3 zu gewinnen, somit gibt es da einen Faktor von ca. 333 Millionen dazwischen, der hier m.E. unterschlagen wird. Wenn man aber 0.5 MJ braucht, um ein kg Regolith auf 900 Grad zu erhitzen, bräuchte man 167 Millionen MJ pro kg Helium-3, also kaum weniger, als man hinterher aus der Kernfusion zurückgewinnt.

      • @Matthias: Man könnte die Wärmeenergie der ersten Tonne Regolith per Wärmetauscher zu Erhitzung der nächsten Tonne verwenden, was die nötige Energie drastisch reduzieren würde.

        Trotzdem ist die Menge vom Mond zu wenig. Es kommt weniger Energie heraus, als z.B. aus dem Uran-238 des Meerwassers.

        • Das ist ein guter Punkt. Trotzdem, wie du sagst, es ist wohl einfach zu wenig insgesamt und zu aufwändig. Wenn extraterrestrisches Helium-3 jemals kommerziell als Fusions-Brennstoff genutzt wird, dann aus Gasriesen-Atmosphären.

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