Mein Wille geschehe

Das Konzept des Freien Willens ist bei genauem Hinsehen problematisch. Die Quantenphysik gibt uns etwas, was diesem Konzept allerdings ziemlich nahe kommt, aber nur, wenn es keine allwissenden Götter gibt.

Hat der Mensch einen freien Willen? Und wenn ja, was bedeutet das? Das ist eine wichtige Frage, denn die Freiheit des Menschen, etwas zu tun, oder auch nicht, ist für viele gewissermassen der Grundpfeiler des Schuldkonzeptes, auf dem unser Straf- und Rechtssystem aufbaut. Wer gegen das Gesetz verstösst, wird bestraft, wobei der Grund dafür wohl in einem Mix aus Züchtigung des Gesetzesbrechers, Abschreckung von Nachahmern und Genugtuung für die Gesetzestreuen zu suchen ist. Dieses Konzept zieht sich von der Steinzeit, über die Religionen (die ja sogar die „ewige Verdammnis“ ins Spiel bringen) bis in die heutige Gegenwart. Gerade die Religionen beharren auf dem Bild des freien Willens, denn ohne Freien Willen machen Gericht und Verurteilung der Ungläubigen zu ewiger Verdammnis angeblich nicht besonders viel Sinn. Wenn man also an diesem Pfeiler zu rütteln beginnt, macht man sich sicher nicht nur Freunde. Aber wir müssen die Realität nehmen, wie sie ist: Eine unbequeme Wahrheit passt sich (leider?) nicht einfach unseren Vorstellungen an, damit es uns besser geht.

Fallende Bleistifte und die Farbe des Autos

Nun stellt sich die Frage, was denn „frei“ in diesem Zusammenhang wirklich heisst. Frei von momentan wirkenden, äusseren Zwängen? Das ist wohl in den meisten Fällen so. Ich kann entscheiden, einen aufgehobenen Kugelschreiber oder Stein fallen zu lassen, oder auch nicht. Ich unterliege keinen starken äusseren Zwängen, niemand setzt mich unter Druck, ihn zu halten oder fallen zu lassen, und so kann ich eben frei entscheiden. Allerdings, in diesem speziellen Beispiel vom Stein oder Kugelschreiber, den man fallen lässt (übrigens ein sehr beliebtes Sujet in Diskussionen über den Freien Willen, wie ich festellen durfte…) ist die Entscheidung ohne Konsequenzen. Da weder das Fallen lassen noch das Halten nennenswerte, erwünschte bzw. unerwünschte Auswirkungen haben, ist der Entscheid letztlich nahezu zufällig – und ein zufälliger Entscheid (gemäss einem „Bauchgefühl“?) hat weniger mit dem Freien Willen als mit Zufall zu tun. Es gibt auch Experimente, die zeigen, dass der vermeintlich „freie“ Entscheid in solchen zwangfreien Situationen keiner ist: Die Gehirnareale, die für die Ausführung der späteren Handlung zuständig sind, werden bereits aktiviert, wenn wir noch der Meinung sind, die Entscheidung gar noch nicht getroffen zu haben (das ist auch kein „vorsorgliches Aufwärmen in Erwartung des Entscheids“: wenn die Handlung nicht ausgeführt wird, wird das Gehirnareal auch nicht aktiviert).

Ein besseres, realistischeres, weil alltagsbezogeneres Beispiel wäre deshalb ein Autokauf. Soll die Entscheidung vernünftig sein, wird man nun Vorsichtig alles, was man über das Auto und die eigenen Vorlieben weiss, mit den Nachteilen und Alternativen abwägen, und am Ende aufgrund dessen, was man über das Thema weiss, eine Entscheidung treffen. Ist diese Entscheidung denn nun wirklich „frei“? Denn schliesslich sind die Faktoren, die die Entscheidung beeinflussen, ja nun mal so und nicht anders gelagert: Vielleicht brauche ich das Auto zum Arbeiten, vielleicht hat es das beste Preis-Leistungs-Verhältnis, und die Alternativen sind allesamt schlechter. Natürlich hat man zu jeder Zeit das Gefühl, man könnte sich auch anders entscheiden – [i]wenn man denn wollte (aber man will nicht…)[/i] – aber wenn wir am Ende einen vernünftigen Entscheid treffen wollen, dann berücksichtigen wir alles, was wir wissen, nach „bestem Wissen und Gewissen“. Was wir wissen, ist aber einfach die Summe der Eindrücke, die wir bisher im Leben hatten, und auf diese Eindrücke hatten wir keinen Einfluss. Das Gehirn ist eine hochkomplexe biologische Maschine, aber sie setzt letztlich einfach Input-Signale der einen Art in Output-Signale der anderen Art um. Selbst wenn wir den Freien Willen sehr weit auslegen und den menschlichen Geist als übernatürliche Instanz (als „Seele“) betrachten wollen, die über der Natur steht und diese beeinflussen kann, kommen wir aus diesem Dilemma dieses „milden“ äusseren Zwangs nicht raus: Wie wir entscheiden, hängt einfach davon ab, was für ein Leben die Seele in ihrem menschlichen Körper bisher gelebt hat. Jeder Entscheid ist immer entweder „erfahrungsgesteuert“ (und damit diesen „Zwängen der Erfahrung“ unterworfen) oder „nicht erfahrungsgesteuert“. Ist er „nicht erfahrungsgesteuert“, ist er entweder zufällig oder, da der Mensch sicher kein zuverlässiger Zufallsgenerator ist, zumindest „bauchgesteuert“, was nichts anderes heisst, als dass man eine unbewusste Entscheidung trifft (und „bauchgesteuert“ klingt ja nicht allzu sehr nach Freiem Willen). Ein Bauchentscheid wäre z.B. die Farbe des Autos. Die Farbe des Autos wird in der Regel nicht rational entschieden, sondern aufgrund persönlicher Vorlieben wie Lieblingsfarben. Doch woher kommen diese Vorlieben? Auch hier muss man in der Umwelt suchen: vielleicht hatte einmal ein Lieblingsspielzeug diese Farbe, oder die Lieblingsfarbe ist vielleicht die gleiche wie die der ersten Schulfreundin. Das wird sich auch nicht immer so genau eruieren lassen, aber irgendwoher – aus der Umwelt – kommt die Präferenz für eine bestimmte Farbe im Moment des Autokaufs. Letztlich ist also jede Entscheidung, die nicht einfach „rein zufällig“ ist, von äusseren Faktoren abhängig, manchmal bewusst, manchmal unbewusst. Man kann den Menschen insofern auch mit einem komplexen Computerprogramm vergleichen, das eine Vielzahl von Variablen abwägt und schliesslich aufgrund von Bewertungstabellen eine Entscheidung trifft. Trifft dieses Programm seine Entscheidung „frei“? Könnte es sich auch anders entscheiden? Nein, nicht wirklich – oder nur, wenn die Variablen anders gelagert gewesen wären. Doch worin unterscheidet sich der Mensch dann von dem Programm? Darin, dass er manchmal nicht immer weiss, weshalb er seine Entscheidungen gerade so und nicht anders trifft, oder weil er seine Entscheidungen nicht immer rational erklären kann? Mal ganz abgesehen davon, dass auch intuitive Entscheide letztlich auf Erfahrungen basieren: beides ist letztlich kein Gewinn an Freiheit, sondern nur an Unberechenbarkeit. Man kann auch ein Computerprogramm so gestalten, dass immer ein wenig Zufall in die Entscheidungen mit einfliesst. Es ist dann schwieriger (bis unmöglich), vorherzusagen, wie sich das Programm, bzw. der Mensch in einer gegebenen Situaiton verhalten wird. Aber das ändert nichts daran, dass [i]bei vorheriger Kenntnis aller Umstände[/i] letztlich nur ein einziger Entscheid wirklich möglich war: jener, der am Ende umgesetzt wurde.

Insofern könnte man sagen: Der Mensch kann und wird tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will. Die ganze Persönlichkeit eines Menschen, sein Wissen, seine Erfahrung, seine Verhaltensweisen sind das Produkt des Lebens, das er gelebt hat, die Summe aller Eindrücke, das Destillat seiner Erfahrung. Was denn sonst? Jede Entscheidung, egal ob bewusst oder unbewusst, rational oder emotional getroffen, basiert auf diesem Fundus. Natürlich ist das ganze im Allgemeinen viel zu komplex, um einfache Wenn-Dann-Zusammhänge herzustellen. Menschen sind deshalb in der Regel nicht vorhersehbar, die Fülle und Komplexität der mitspielenden Faktoren schlicht nicht überschaubar. Aber das ändert nichts an der generellen Aussage: unter den gleichen Bedingungen würde der gleiche Mensch wieder exakt die gleiche Entscheidung treffen (Reue im Nachhinein, „hätte ich das gewusst, hätte ich nicht…“, ist ja gerade das Eingeständnis, dass man durch die auf die Entscheidung folgende Erfahrung verändert worden ist, so dass man – mit diesem neuen Wissen im Hinterkopf – anders entschieden „hätte“).

Auftritt Laplace’scher Dämon

Eine andere Perspektive auf das Thema (mit letztlich gleichem Resultat) gibt einem der naturwissenschaftliche Determinismus. Wenn die Welt nur aus Teilchen und Kräften zwischen ihnen besteht, dann ist die Welt letztlich nichts anderes als ein ultra-kompliziertes Billardspiel. Dieser Umstand wurde auch schon mit dem „Laplace’schen Dämon“ umschrieben: wenn dieser gedachte Dämon in der Lage wäre, die Position und die Geschwindigkeit jedes Teilchens im Universum zu messen, könnte er daraus die Zukunft, einen winzigen Moment später vorhersagen – und dann einen weiteren Moment später, noch einen weiteren… Die Welt nähme ihren letztlich berechenbaren, deterministischen Verlauf.

Der Laplace’sche Dämon wird – teilweise, wie wir gleich sehen werden – durch die Quantentheorie exorziert. Zunächst einmal ist es gemäss der Heisenbergschen Unschärferelation grundsätzlich physikalisch unmöglich, sowohl die Position als auch die Geschwindigkeit (genauer: den Impuls) eines Teilchens gleichzeitig zu messen. Demnach werden wir die Welt niemals genau genug im „Jetzt-Zustand“ erfassen können, um daraus einen späteren „Jetzt-Zustand“ zu berechnen. Weiter ist die Welt gemäss der Quantentheorie probabilistisch, ein Teilchen, das sich von A nach B bewegt, nimmt zwischen den beiden Punkten zufällig einen von vielen möglichen Wegen. jeder denkbare Weg hat einfach eine gewisse, ihm zugeordnete Wahscheinlichkeit, vom Teilchen begangen zu werden, und erst im Nachinein lässt sich sagen, welcher es denn nun wirklich war.

Die Quantentheorie führt uns somit vom deterministischen zum chaotischen (oder probabilistischen) Weltbild. Der Verlauf der Welt ist nicht nur von deterministischen Naturgesetzen, sondern auch von zufälligen Variablen abhängig, die man nicht kennt und auch nicht kennen kann. So, als ob auf dem Billard-Tisch des oben erwähnten universellen Billardspiels zufällig Beulen und Dellen auftauchen würden, die jede Vorhersage der künftigen Kugelpositionen verhinderen. Das alles ändert aber nichts daran, dass unter dem Einfluss all der Beulen und Dellen, die zwischen zwei Zeitpunkten tatsächlich aufgetreten sind, also [i]bei vorheriger Kenntnis aller Umstände[/i] nur eine einzige Kugelposition hat resultieren können. Hätte man die Beulen und Dellen im Voraus gekannt, hätte man auch die Position der Kugeln berechnen können. Denn auch wenn ihre Bahnen von Beulen und Dellen abgelenkt werden, die Billardkugeln genügen immer noch den gleichen, eindeutigen physikalischen Gesetzen. Auch wenn viele mögliche Ausgänge (abhängig von den auftretenden Beulen und Dellen im Billardtisch) denkbar sind, jedes bestimmte Set von Beulen und Dellen hat nur eine einzige mögliche Kugelverteilung zur Folge.

Deshalb ist der Laplace’sche Dämon nicht vollständig besiegt: Die Welt hat nun eben nicht nur eine deterministische, sondern auch eine chaotische Komponente, so dass der nächste Moment nur deshalb nicht berechenbar ist, weil man den Beitrag der chaotischen Komponente naturgemäss nicht kennen kann.

Freiheit im Chaos

Diese chaotische Komponente öffnet uns aber eine neue Möglichkeit zur Definition des Freien Willens. Man könnte nun nämlich sagen: Eine Entscheidung ist offen, bis der Mensch sie getroffen hat, sie steht vor dem Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht fest. Das verdanken wir der Quantentheorie. Wenn die Welt probabilistisch, also von zufälligen Entwicklungen abhängig ist, dann steht mein künftiger Entscheid zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Es kann zum Beispiel sein, dass eine zufällige Quantenfluktuation ein Botenstoffmolekül in meinem Gehirn gerade derart ablenkt, dass ich einen irrationalen Entscheid treffe und das Auto doch (nicht?) kaufe, oder den Kugelschreiber doch fallen lasse, oder an der blauen Farbe des Autos festhalte. Man hätte den Ausgang des Entscheidungsprozesses – bevor die Entwicklung tatsächlich geschah – unmöglich wissen können, denn die Quantenfluktuation war ja rein zufällig. Man könnte nun (gäbe es die Heisenbergsche Unschärferelation nicht), im Nachhinein, zwar berechnen, das es angesichts der stattgefundenen Quantenfluktuationen (die Dellen und Beulen des Billardtisches) nur so und nicht anders hätte herauskommen können. Aber bis zum Moment der Entscheidung stand der Entscheid selbst nicht fest. Die Zukunft ist in diesem Modell wirklich offen und grundsätzlich nicht berechenbar. Es ist zwar letztlich nicht der Mensch als „Individuum“, der die Entscheidung trifft: die involvierten Teilchen, die deterministischen Gesetzen und zufälligen Quantenfluktuationen gehorchen, entscheiden über den weiteren Verlauf der Welt. Immerhin befinden sich die wichtigsten Teilchen ihrerseits im Gehirn des Menschen, der „entscheidet“, insofern ist es nicht ganz falsch, die Entscheidung gewissermassen beim Menschen zu suchen.

Wie sieht es denn nun mit der Schuldfähigkeit aus? Bedeutet all dies, dass wir sofort alle Gefängnisse öffnen, alle Verbrecher freilassen müssen, weil sie ja „gar nicht anders konnten“ und damit unschuldig sind? Nein. Die Androhung von Strafe bei sozialem Fehlverhalten ist ein wichtiger Faktor in der Sozialisierung des Menschen, sowohl für den Verbrecher als auch für alle Gesetzestreuen. Genau diese Sozialisierung ist es, die die Menschen prägt, sie macht einen grossen Teil des Fundus aus, auf den Menschen zurückgreifen, wenn sie ihre Entscheidungen treffen. Wenn Straftaten ab sofort ungesühnt blieben, hätte dies einen grossen, negativen Einfluss auf diese Sozialisierung. Die Straffreiheit wäre ein Faktor, der von nun an in alle Entscheidungen einbezogen würde, und das kann niemand wirklich wollen. Ausserdem gibt es den präventiven Aspekt der Gefangenschaft: wer schon einmal getötet hat und deswegen im Gefängnis sitzt, kann (in der Regel) keine weiteren Menschen umbringen. Das Konzept der Schuld wird auch nicht überflüssig – es wird nur von moralischem Balast befreit. Ja, der Mörder hätte letztlich nicht wirklich anders handeln können – aber genausowenig kann die Gesellschaft (bzw. der Richter) anders handeln, als ihn dafür ins Gefängnis zu befördern.

Ist ein Leben sinnlos, weil der Ausdruck „Freier Wille“ ein falsches Sprachbild ist? Nein, natürlich nicht. Letztlich sind es ja unsere Entscheide, die die Entwicklung unseres Lebens formen – bloss sind die Entscheide selbst Teil des Welt-Programms, des Billardspiels. Wir können nicht anders, weil wir genau dieses Leben leben. Wir können uns zwar alternative Entwicklungen vorstellen, aber das macht diese nicht realistischer. Das macht uns, gewissermassen, zu Entdeckern unseres eigenen Lebens. Es ist beruhigend, ja entspannend zu wissen, dass der weitere Verlauf, ja auch das Ende noch nicht feststeht. Wie bei einem live im Fernsehen übertragenen Fussballspiel dürfen wir in unserem eigenen Leben mitfiebern, mitleiden und die Akteure im Geist oder auch lautstark anfeuern (obwohl uns ja irgendwie schon bewusst ist, dass dies auf den Ausgang keinerlei Einfluss hat – aber das war der Stimmung ja noch nie abträglich…).

In einem Universum hingegen, in dem es auch nur einen einzigen „Laplace’schen Dämon“ gibt, der die Entwicklung der Zukunft bereits heute kennt, gibt es keine solche (limitierte, chaotische) Freiheit. Statt einem Live übertragenen Spiel haben wir es nun mit einer Aufzeichnung des Spiels zu tun, und das ist eine viel langweiligere Angelegenheit. Ein allwissender Gott, wie er in allen monotheistischen Religionen vorkommt, ist der ultimative „Laplacesche Dämon“. Denn wenn sein Wissen über die Zukunft perfekt ist, dann gibt es nur eine einzige Zukunft, die sich realisieren kann. Nennen wir diese Zukunft den Masterplan. Im Masterplan steht schon heute fest, was in 100 Jahren passieren wird, und zwar bis hin zur Position jedes einzelnen Moleküls im Universum (denn wer würde schon behaupten, ein allwissender Gott würde die Position jedes einzelnen Moleküls im Universum in 100 Jahren nicht kennen?). Und da Gottes Kenntnis von der Zukunft eben perfekt ist, wird es nie etwas anderes als den Masterplan geben, denn würde er verändert, dann wüsste dies ein allwissender Gott natürlich schon heute und die Veränderung wäre folglich Teil des Masterplans. Das Masterplan-Universum ist ein statischer Block, der von den Menschen nur noch „abgelesen“ werden muss (eben, wie oben erwähnt, eine „Aufzeichnung“).

Hat der Mensch also einen freien Willen? Seine Entscheidungen sind teilweise determiniert, teilweise chaotisch, zudem hochkomplex und aus all diesen Gründen nicht vorhersehbar. Die Entscheidungen des Menschen sind also immerhin insofern frei, dass sie nicht feststehen, ehe er sie gemacht hat. Aber nur, wenn es keine allwissenden Götter gibt.

9 Kommentare

  1. Ich bin nicht ganz zu einem Schluss, aber zu einer
    für mich zufriedenstellenden Annahme gelangt.
    Frei ist eine Entscheidung nur für das Ich, das sie vornimmt.
    In der Wahrnehmung anderer ist sie eine \“physioelektrische\“,
    völlig kausale Reaktion
    Erst der Rückgriff auf eigene Gefühle,in einer empathischen
    Handlung ermöglicht es, Abscheu für den Verbrecher, Rührung
    für den unschuldig Leidenden oder Stolz auf den Helden zu empfinden.

    Zur Verdeutlichung: Jemand berichtet dir, das er eine unglaublich intensive Erfahrung mit Musik hatte.
    Was bedeutet es dir, wenn du diese Musikrichtung nicht magst
    oder kennst?- nichts.

    Wenn du aber diese Gefühle selbst kennen gelernt hast, stellst du dir vor was der Betreffende empfunden hat.

    Ähnlich ist es mit dem freien Willen- er ist real für den,
    der eine Entscheidung trifft, und für den der sie durch seine Vorstellungskraft auf sich überträgt.

  2. @Wittgenstein hat am 03.02.2011 10:04:55 geschrieben:
    \“Wohl wahr, der Epiphänomenalismus ist eine reizlose Auffassung, weil er in der Tat davon ausgeht, daß der Geist eine Art „Blinddarm“, also ein Nebenprodukt der Nerventätigkeit ist.\“

    Ich habe es nicht deshalb als reizlos bezeichnet, weil es den menschlichen Geist nicht als Mittelpunkt des Universums erklärt, sondern weil er gleichzeitig nicht die Ansprüche an eine rein naturalistische Erklärung erfüllt (denn er kennt eine Art metaphysischen Geist) _und_ nicht plausibel erklären kann, wie der Geist funktioniert.

    In Übrigen halte ich die Theorie, dass der Geist gar keinen Einfluss auf die Realität nehmen kann für ziemlich unplausibel.

    \“Mentale Zustände sind aber keine materiellen Erscheinungen (obwohl es hier auch andere Meinungen gibt).\“

    Selbst wenn man von der (problematischen) Software-Analogie absieht kann man dennoch sehr wohl die Meinung vertreten mentale Zustände seien \“materiell\“. Etwa im Rahmen der sog. \“Identitätstheorie\“ (Mentale Zustände sind mit neuronalen identisch) oder des Funktionalismus (ggf. bei Wikipedia nachsehen, bitte).

    \“Entgegen unserer Intuition hätte Bewußtsein an sich keine biologische Funktion.\“

    Das würde ich nicht in vornherein ausschließen wollen. Es könnte stimmen.

    \“Demzufolge muß das Mentale eine Begleiterscheinung des Materiellen sein. Der starke Dualismus ist daher zu verwerfen.\“

    Widerspruch.
    Es ist ohne weiters Vorstellbar, dass sich sowas wie ein \“immaterialles\“ Bewusstsein entwickelt hat im Rahmen der Evolution und dann Einfluss auf das Gehirn und darüber über den Rest der materiellen Welt nimmt.

    Die Neurologie widerspricht dem empfindlich, aber die Evolutionstheorie ist mit dieser Ansicht absolut vereinbar.

    Mal abgesehen davon, dass man der merkwürdige (daher das 2. Prädikat in meinem Beitrag) Status der mentalen Zustände interessiert, der weder materiell ist, noch echt den Materialismus widerspricht.

    \“Immerhin gibt es in der Wissenschaft einige gesicherte Erkenntnisse, die kein vernünftiger Mensch bezweifeln würde.\“

    Das \“_vernünftiger_\“ ist der Knackpunkt, an dem man das Argument (wenn nicht ganz, so doch zum größten Teil) aushebeln kann. Vernünftig, das kann man hier minimalistisch als Zweckrationalität auffassen. Das heißt, derjenige Mensch ist (in diesem Zusammenhang) \“vernünftig\“, der (a) ein aufrechtes Interesse an der Wahrheit hat und (b) dabei die beste Methode, Wahrheiten hervorzubringen zu Anwendung bringt, d.h. auch die plausibelste Position teilt.
    Es gibt aber auch in der Naturwissenschaft immer wieder Menschen, die Positionen gegen etablierte Theorien und scheinbar klare Wahrheiten beziehen. Oft weil sie meinen, eine bessere Alternative gefunden zu haben, manchmal aber auch, weil sie tatsächlich nicht an der Wahrheit interessiert sind, sondern an der Bestätigung ihrer eigenen Ideologie.

    Der Unterschied zwischen NW und Philo besteht demnach nicht darin, dass es solche Leute in den NWs nicht gibt, sondern darin, dass sie effektiver von den \“seriösen\“ getrennt werden. Also gibt es auch in der Philo das Vorherrschen von besseren Argumenten und Positionen, nur nicht in dem Ausmaß wie in den NWs.

  3. Wohl wahr, der Epiphänomenalismus ist eine reizlose Auffassung, weil er in der Tat davon ausgeht, daß der Geist eine Art „Blinddarm“, also ein Nebenprodukt der Nerventätigkeit ist.

    Ein paar Argumente FÜR den Epiphänomenalismus:

    Die Darwinsche Evolution spielt sich in der physikalischen Welt ab. Sie wirkt auf materielle Phänomene. Mentale Zustände sind aber keine materiellen Erscheinungen (obwohl es hier auch andere Meinungen gibt). In der Evolution wurde daher nicht das Bewußtsein, sondern das Nervensystem, das Gehirn ausgelesen. Bewußtsein selbst wurde keinem Ausleseprozeß unterworfen, es stellt keine Adaptation dar.

    Wenn das richtig ist, kann das Phänomen des Bewußtseins an sich keinen Überlebensvorteil bieten. Der Vorteil ist auf die Entwicklung des Gehirns, nicht des Bewußtseins zurückzuführen. Entgegen unserer Intuition hätte Bewußtsein an sich keine biologische Funktion. Biologisch relevant wären bloß die neuronalen Mechanismen, die Bewußtsein hervorrufen. Demzufolge muß das Mentale eine Begleiterscheinung des Materiellen sein. Der starke Dualismus ist daher zu verwerfen. Wenn man aber auf der anderen Seite die Existenz des wenn auch unphysikalischen Geistes akzeptiert, somit den Materialismus in seiner konsequenten Form ablehnt, bleiben als Erklärungsansätze nur Formen des Parallelismus oder Epiphänomenalismus. Beim Epiphänomenalismus wäre die Korrelation zwischen Gehirn und Geist folgendermaßen zu präzisieren: Die Materie – das Nervengewebe – bringt den Geist hervor und wirkt auf ihn, psychische Vorgänge jedoch determinieren weder physikalische noch psychische Ereignisse. Mentale Entitäten sind von physischen nomologisch abhängig, aber „intrinsisch“, also nicht mit physischen Zuständen identisch oder auf sie reduzierbar. Es gibt mithin keine besondere „geistige Substanz“.

    Der Epiphänomenalismus stellt heutzutage zugegebenermaßen keine sehr populäre Ansicht in der Philosophie des Geistes dar. Dennoch meint z.B. der Philosoph David Chalmers:

    „Epiphänomenalismus mag kontraintuitiv sein, er ist aber nicht offensichtlich falsch, und wenn ein schlüssiges Argument ihn uns aufzwingt, sollten wir ihn akzeptieren.“

    Und tatsächlich, aus den Prämissen: „1. Bewußtsein als subjektives, unkörperliches Phänomen existiert.“ und „2. In der Evolution wurde das Gehirn, nicht das Bewußtsein ausgelesen.“ folgt nahezu zwangsläufig eine Form des Epiphänomenalismus. Die physikalische Welt bleibt dabei kausal geschlossen, zugleich wird aber auch der Existenz subjektiver Erlebnisinhalte, z.B. der berühmten „phänomenalen Zustände“ oder „Qualia“ Rechnung getragen und ihre Existenz nicht geleugnet. Lediglich die mentale Verursachung wird abgelehnt. Das ist zugegeben ein Kompromiß, aber immerhin etwas mehr als der reine Materialismus zu bieten hat.

    Ein paar Argumente GEGEN den Epiphänomenalismus (es gibt noch mehr):

    Karl Popper: „Eine wichtige Kritik (…) ist diese: Auf Argumente und unser Abwägen von Gründen angewandt ist die epiphänomenalistische Auffassung selbstmörderisch. Denn der Epiphänomenalismus muß argumentieren, daß Argumente und Gründe nicht wirklich zählen. Sie können nicht wirklich unsere Handlungsdispositionen beeinflussen – zum Beispiel solche zu sprechen und zu schreiben – noch die Handlungen selbst. Diese sind alle auf mechanische, physikochemische, akustische, optische und elektrische Wirkungen zurückzuführen. So führt also das epiphänomenalistische Argument zur Einsicht in die eigene Belanglosigkeit. Das widerlegt noch nicht den Epiphänomenalismus. Es bedeutet lediglich, daß wir – wenn der Epiphänomenalismus wahr ist – nichts, was zu seiner Begründung als Argument zu seiner Unterstützung vorgebracht wird, ernst nehmen können.“

    Ein anderer Einwand lautet, daß ein Epiphänomenalist nicht in der Lage ist, schlüssig zu beweisen, daß er (introspektive) Kenntnis seiner eigenen Bewußtseinszustände hat. Denn die Überzeugung, daß er bewußte Erlebnisse hat, muß selbst durch introspektive Beobachtung, also durch bewußte Erlebnisse veranlaßt sein. Das käme aber gerade der Verursachung mentaler Zustände durch andere mentale Zustände gleich, was der Epiphänomenalist ablehnt.

    Ein möglicher Ausweg:

    Eine Möglichkeit, radikale Schlußfolgerungen über die eigene Ohnmacht sowie vermeintliche Widersprüche des Epiphänomenalismus zumindest abzumildern besteht in der Hypothese, daß im Gehirn eine besondere Verursachung stattfindet, bei der neurophysiologische Zustände einander nach besonderen Regeln bedingen, die den Rahmen des klassischen physikalischen Determinismus überschreiten. Dann hätte zwar Bewußtsein weiterhin keine besonderen kausalen Kräfte, wohl aber die ihm korrespondierende Neurodynamik.

    Man kann auf der Welt nichts absolut schlüssig wissen und beweisen, selbst in der Mathematik nicht, wie Kurt Gödel nachgewiesen hat. Daher ist stets Skeptizismus am Platze, ja der Skeptizismus muß zu einer Art Lebensform werden, ohne freilich ad absurdum geführt zu werden. Immerhin gibt es in der Wissenschaft einige gesicherte Erkenntnisse, die kein vernünftiger Mensch bezweifeln würde. In der Philosophie gibt es hingegen keinen einzigen Punkt, über den sich ALLE Philosophen einig wären. Der Philosoph Robert Nozick sagt dazu:

    „Es ist schwer, bei philosophischen Themen einen Fortschritt zu erzielen. Viele von ihnen scheinen sich einer Lösung zu entziehen.“

    Warum ist das so? Der Philosoph Colin McGinn hat die Hypothese aufgestellt, daß es Fragen gibt, die für unseren Verstand „kognitiv geschlossen“ sind. Dazu gehören die meisten philosophischen Probleme, so auch das Verhältnis von Körper und Geist. Denn es ist nicht normal, daß nach 2500 Jahren der Beschäftigung der größten Geister der Menschheit mit Philosophie es noch zu keinem allgemein akzeptierten Ergebnis gekommen ist. Unser Verstand ist laut McGinn nicht für Philosophie „gebaut“. Demgegenüber würde uns (empirische) Wissenschaft viel besser liegen. Bei einer hypothetischen außerirdischen Intelligenz könne es umgekehrt sein – sie könnte besser in der Philosophie sein, aber schlechter in der Wissenschaft. Der Psychologe Steven Pinker spekuliert über ein vermutliches Zusammentreffen mit einer solchen Spezies, die uns dann die philosophischen Fragen “erklärt“. Dann gäbe e zwei Möglichkeiten: Wir könnten plötzlich eine Erleuchtung bekommen und uns wundern, wieso noch niemand darauf gekommen ist. Oder aber wir würden die Erklärung einfach nicht verstehen.

    Ein schönes skeptisches Credo vom Physik-Nobelpreisträger Richard Feynman:

    „Ich kann mit Zweifel und Unsicherheit leben. Ich denke, daß es viel interessanter ist zu leben und nicht zu wissen als Antworten zu haben, die falsch sein könnten. Ich habe ungefähre Antworten und mögliche Überzeugungen und verschiedene Grade der Gewißheit über verschiedene Dinge, bin mir aber keiner Sache ganz sicher und es gibt viele Dinge, über die ich nichts weiß, wie z.B. ob die Frage, warum wir hier sind, einen Sinn hat. Ich brauche die Antwort nicht zu kennen. Ich habe keine Angst, Dinge nicht zu wissen, verloren zu sein in einem rätselhaften Universum ohne Zweck, was, soweit ich sagen kann, wirklich der Fall zu sein scheint. Es erschreckt mich nicht.“

  4. @Ehrenfried hat am 19.01.2011 22:34:40 geschrieben:
    \“Ich persönlich glaube zwar, daß es so etwas gibt wie eine formalisierte Unlogik. Beweisen kann ich es nicht. Jedoch könnte ich behaupten, daß sich diese arithmetischen Pseudogeneratoren in Gestalt neuronaler Entscheidungsstrukturen äquivalent abbilden lassen. Man bekäme also eine Art Pseudoindeterminiertheit im Denken und Wollen. Ich bin sicher, da haben sich schon größere Geister damit versucht. Deshalb bleibe ich hier in Ehrfurcht und Demut zurück.\“

    Ich verstehe nicht ganz.
    1. Pseudozufallszahlen gibt es.
    2. Die sog. Chaostheorie befasst sich mit nichtlinearen, kausalen Systemen (worüber ich zugegebenermaßen auch keine Ahnung habe).
    3. Meinst du sowas wie in \“Gödel, Escher und Bach\“?

    @Wittgenstein hat am 24.01.2011 10:48:05 geschrieben:
    \“Ich persönlich neige zum sogenannten Epiphänomenalismus, d.h. der Auffassung, daß der Geist ein Nebenprodukt der Nerventätigkeit ohne kausale Kräfte ist.\“

    Das scheint mir eher eine der reizlosesten und merkwürdigsten Auffassungen zugleich zu sein. Demnach hätte der Geist keinerlei Einfluss auf unsere Handlungen oder auch nur Gefühle und er wäre eine Art \“Blinddarm\“, verstehe ich das richtig?

    @Wittgenstein hat am 25.01.2011 12:35:29 geschrieben:
    \“In der Philosophie gibt es aber, im Gegensatz zur Wissenschaft, keine Beweise, sondern bloß Argumente zugunsten der einen oder anderen These ohne letztgültige Beweiskraft.\“

    Naja, im Vergleich zu den Beweisen in der Mathematik sind die Beweise in der Naturwissenschaft auch etwas unsicherer.
    Es scheint also mehr eine Frage der Abstufung zu sein, auch wenn ich grundsätzlich zustimme.

  5. Ich bin so zu meiner Weltsicht gekommen, die ich weiter unten
    beschrieben habe:

    Gott ist wie das Licht der Sonne – an sich unsichtbar.
    Die einzelnen Leben sind wie Gegenstände, an denen dieses Licht reflektiert wird, und die so sichtbar werden.

    So wie Blumen erst durch das Licht der Sonne Farben erhalten,
    So wirft der Mensch Gottes Bewusstsein zurück und erhält so eine Identität.

    Jede bewusste, \“erleuchtete\“ Erscheinung wird von einem Ich getroffen. Ob das bedeutet, dass sie frei ist, kann ich nicht beurteilen. Sie ist ja schließlich trotzdem kausal,
    aber ist ein Teil einer Kausalkette, nicht frei, wenn er Selbstbewusstsein hat? Schließlich kann man nichts wahrnehmen, was sich in der materiellen Manifestation des Geistes ( dem Gehirn) nach physikalischen Gesetzen nicht abspielt

  6. Ehrenfried oder Wittgenstein – egal. Die sogenannte „Philosophie des Geistes“ (Philosophy of mind) beschäftigt sich mit dem Mentalen, seinem Verhältnis zum Körper usw. Sie hat sich insbesondere in den letzten 30 Jahren sehr stark entwickelt und in etliche Schulen, Ansichten und Spielarten aufgespalten. In der Philosophie gibt es aber, im Gegensatz zur Wissenschaft, keine Beweise, sondern bloß Argumente zugunsten der einen oder anderen These ohne letztgültige Beweiskraft. So nimmt es nicht wunder, daß unter den Philosophen keine Einhelligkeit bezüglich des Geistes besteht. Ich wollte aber auf den Hirnforscher und Nobelpreisträger John Eccles (1903-1997) verweisen, der Dualist war und an einen Interaktionismus zwischen dem Gehirn und dem immateriellen Geist glaubte. Eccles schrieb u.a. ein sehr interessantes Buch „Wie das Selbst sein Gehirn steuert“ (1994) (bei Amazon leider vergriffen). Es ist eine sehr schwierige, aber lohnenswerte Lektüre, die Hirnforschung, (Quanten)Physik und Philosophie vereinigt. Eccles bietet dort eine Erklärung des freien Willens an.

    Ich zitiere Wikipedia: „Vermutungen, wie diese Interaktion ablaufen könnte, stellte Eccles erst in hohem Alter an, angeregt von Ideen des deutschen Physikers und Philosophen Henry Margenau. Er postulierte, dass kleinste Prozesse auf Ebene der Quantenphysik hinreichend seien, um die Ausschüttung von Neurotransmittern zu beeinflussen und schloss, dass die Wirkung eines energie- und masselosen Geistes auf das Gehirn somit durch eine Beeinflussung der quantenmechanischen Wahrscheinlichkeitsfelder erklärbar werde. Kritiker weisen darauf hin, dass dieser Vorschlag das Erklärungsproblem des Interaktionismus nur verlagere, da nunmehr die Art der Interaktion zwischen Geist und Wahrscheinlichkeitsfeld ungeklärt sei.“

    Grüße Wittgi

  7. @ Ehrenfried

    Soweit einverstanden.
    Danke auch für den Satz, dass über die Philosophie des Geistes kein Konsens besteht, sehr richtig

    Ich will nur folgendes anmerken:
    Das Ich stellt man sich allzu leicht als einen Punkt vor, der hinter den Augen sitzt.
    Nichts könnte falscher sein.
    Das Ich ist ein eigenes Universum, nach innen erstreckt sich für jede Person die Unendlichkeit, wie ins äußere Universum.

    Man kann immer tiefer und tiefer die eigene Seele erforschen ohne je an eine Grenze zu stoßen.
    Und innerhalb dieser Topografie der Seele gibt es eine eigene Kausalität.
    Wie soll man \“frei\“ eine Entscheidung treffen, wo man doch erst durch die Kausalität im Inneren ein Ich erhält?

    Ich neige tatsächlich eher zu der Vorstellung dass der Lauf der Welt wie ein Film vor unseren Augen abläuft, aber weil dieser Film unendlich ist, kann man sich irgendein Ereignis denken und sicher sein, dass es IRGENDWANN eintritt.

  8. Normalerweise werden mit „wirklich“, „real“ oder „existierend“ Phänomene beschrieben, die Wirkungen auf reale, materielle Gegenstände ausüben können. Inwiefern man in diesem Sinne von der Realität geistiger Vorgänge oder des Bewußtseins sprechen kann, ist umstritten. Geist oder Bewußtsein ist kein materieller Vorgang – obwohl es Philosophen gibt, die anderer Meinung sind und den Geist mit dem Gehirn, d.h. mit materiellen Prozessen gleichsetzen. Es ist z.B. auch nicht klar, ob der Geist eine Lokalisierung im Raum hat. Wir neigen dazu, das Bewußtsein im Gehirn zu lokalisieren, das kann aber ein Trugschluß sein. Wie kann ein (immaterieller) Gedanke örtlich verankert sein? Wenn wir eine Fernsehsendung anschauen, finden die Ereignisse ja auch nicht im Zimmer oder im Fernseher statt, sondern ganz woanders. Analog könnte es mit dem Geist sein, der unser Gehirn bloß benutzt, aber ganz woanders lokalisiert ist, womöglich sogar Raum und Zeit transzendiert. Das rührt alles an fundamentale Probleme der Philosophie des Geistes, über die kein Konsens besteht. Ich persönlich neige zum sogenannten Epiphänomenalismus, d.h. der Auffassung, daß der Geist ein Nebenprodukt der Nerventätigkeit ohne kausale Kräfte ist. Da der Geist, was auch immer er genau sein mag, nicht auf das Gehirn einwirken kann, gibt es auch keine echte Freiheit.

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