Es war einmal eine Freie Energie…

In der Esoterik taucht ab und zu der Begriff der „Freien Energie“ auf, die immer und überall verfügbar und in unbegrenzten Mengen vorhanden sein soll. Natürlich wird – nach esoterischer Lesart – ihre Nutzung von einer hinterhältigen Verschwörung von Wissenschaft und Politik verhindert… Ein Blick auf die Hintergründe.

Freie Energie
Freie Energie
Energie spielt in allen Systemen eine zentrale Rolle – sie ist ein limitierender Faktor: Das gilt für Bakterienkulturen genauso wie für interstellare Zivilisationen. Auffallend etwa, wie das plötzliche Angebot an billiger Energie (Erdöl) mit der Explosion des menschlichen Wissens in den letzten zwei Jahrhunderten zusammenfällt. Was, wenn diese Energie einmal nicht mehr zur Verfügung steht? Schwingt dann das Pendel der Zivilisation wieder in die andere Richtung aus? Der Traum von der in unbegrenzten Mengen zur Verfügung stehenden Energie steht also sinngemäss für die Unsterblichkeit einer Zivilisation, für ewiges, unbegrenztes Wachstum. So ähnlich muss sich eine Bakterienkultur fühlen, die in einem Fass voll mit Nährstoffen gelandet ist.

Eine derart positive Sicht unserer Zukunft würde ich allerdings stark bezweiflen: Wenn jeder beliebig viel Energie zur Verfügung hat, um seine Ziele zu erreichen, kann dabei eine ganze Menge drauf gehen. Umweltverschmutzung und globale Kriege sind erst mit der billigen Energie durch Erdöl möglich geworden – möglicherweise könnte unbegrenzte Energie also nicht unendliches Wachstum bedeuten, sondern unendliche Kriege.

Kehren wir doch mal zurück in die Realität. Die Eckpfeiler der „Freien Energie“ lauten Energieerhaltung, Unschärferelation und Vakuumenergie.

Der erste Eckpfeiler, die Energieerhaltung aus der Thermodynamik, verbietet, dass Energie (oder Materie, die ja nach Einstein äquivalent zu Energie ist) in irgend einer Form „hergestellt“ oder „vernichtet“ wird. Alle Energie, die man braucht, muss also irgendwoher kommen. Dieses „Naturgesetz“ ist empirisch, das heisst, es wurde nicht mathematisch hergeleitet, sondern es beschreibt, was beobachtet wird. Eine der Konsequenzen aus diesem Gesetz ist zum Beispiel, dass es kein Perpetuum Mobile geben kann, also eine Maschine, die ewig läuft (und dabei auch noch Arbeit verrichtet). Das heisst, auch diese „Freie Energie“ muss sich aus irgend einer Quelle, irgend einem Reservoir speisen.

Der zweite Eckpfeiler, die Unschärferelation, ist eine Beobachtung aus der Quantenmechanik. Demnach kann man von einem System niemals Impuls UND Ort gleichzeitig bestimmen (sogenannte Ort-Impuls-Unschärfe): Je genauer der Ort eines Teilchens bekannt ist, desto ungenauer kann man den Impuls des Teilchens kennen – und umgekehrt, je genauer man seinen Impuls kennt, desto ungenauer ist der gegenwärtige Ort bekannt. Es ist so, als wären die Teilchen auf der Quantenebene „verschwommen“. Ein Teilchen, das alle restliche Energie verloren hat, kann also nicht allen Impuls verlieren: Denn wenn sein Impuls 0 wäre, wäre er unendlich genau bekannt – mit der Konsequenz, dass der Ort unendlich ungenau würde – dies ist aber nicht möglich. Also bleibt nur eines: Der Impuls muss einen winzigen, kleinsten Wert grösser 0 annehmen (dieser Wert wird von der Unschärferelation vorgeschrieben). Was aber einen Impuls hat, bewegt sich, und was sich bewegt, hat Energie: Diese Energie nennt man „Nullpunktenergie“. Summiert man die Nullpunktenergie aller Teilchen in einem bestimmten Volumen, kommt man wegen der gewaltigen Anzahl an Teilchen auf gewaltige Energien. Es versteht sich von selbst, dass man diese Nullpunktenergie nicht anzapfen kann: Da man sie irgendwie aus den Teilchen abzweigen müsste, müsste man entweder Teilchen vernichten (was aber aufgrund anderer Erhaltungssätze mindestens soviel Energie kostet, wie man daraus gewinnen kann) oder dann die Teilchen selbst auf einen tieferen Energiezustand als den tiefsten theoretisch erreichbaren abzukühlen. Doch wenn ein Teilchen schon die tiefste Energiestufe erreicht hat, kann man ihm nichts mehr wegnehmen, denn es gibt keinen Zustand, den es „danach“ einnehmen könnte, genausowenig wie man sich südlich des Südpols begeben kann – unabhängig von der Technologie, die zur Verfügung steht.

Der dritte Eckpfeiler ist die Vakuumenergie: Selbst, wenn man alle Teilchen aus dem Raum entfernen würde, ist er nicht „leer“. Durch einen anderen Satz der Unschärferelation, der sogenannten „Energie-Zeit-Unschärfe“, kann es passieren, dass im leeren Raum spontan sogenannt „virtuelle“ Teilchen entstehen, die sich gleich wieder vernichten, und zwar umso schneller, je mehr Energie sie haben. Dabei entsteht weder Energie, noch wird sie vernichtet: Die Teilchen „borgen“ sich ihre Energie aus dem Raum und geben sie zurück. Wie schon erwähnt handelt es sich dabei um „virtuelle“ Teilchen: es ist, ‚per Definition‘, unmöglich sie zu messen – und genau deshalb ist es auch unmöglich, sie irgendwie dazu zu bringen, ihre Energie sinnvoll (das heisst, für eine Maschine) einzusetzen, bevor sie sie wieder dem Vakuum zurück geben. „Virtuelle“ Teilchen „existieren“ also nicht im herkömlichen Sinn: Ihre Entstehung und Vernichtung ist untrennbar aneinander gekoppelt.

In beiden Fällen, sowohl der Vakuum-Energie als auch der Nullpunkt-Energie ist eine Extraktion der angeblich „vorhandenen“ Energie ausgeschlossen: Nicht, weil uns die Technologie dazu fehlt, sondern weil grundlegende physikalische Gesetze es verbieten. Diese Energie, obwohl sie „da“ ist, kann per Definition nicht gewonnen werden. So ähnlich verhält es sich mit der Quadratur des Kreises oder der Winkeldrittelung nur mit geometrischen Hilfsmitteln – sie sind nachweislich unmöglich (der Science Fiction sind solche Details bekanntlich egal: In verschiedenen Science Fiction Serien wie Star Trek und Stargate spielt die „Nullpunktenergie“ oder die „Vakuum Energie“ eine Rolle – das ändert aber natürlich nichts daran…).

Deshalb sind alle Geräte, die auf die „Freie Energie“ setzen, letztlich Unsinn. Jedes Jahr werden überall auf der Welt Anträge auf Patente eingereicht, die in irgend einer Form die Nutzung der „Freien Energie“ beinhalten: Dies ist in der Regel ein guter Hinweis darauf, dass das Konzept nicht funktioniert: Bisher konnte weltweit noch nie eine Maschine zum Patent angemeldet werden, die nachweislich „Freie Energie“ produziert, also „Energie aus dem Nichts“ – bei der Demonstration dieser Maschinen zeigte sich stets, dass sie entweder nicht funktionieren oder dann ihre Energie letztlich aus einer anderen Quelle beziehen, sei es aus Luftströmungen, Sonnenwärme, Erdwärme oder ein Gravitationspotential („Höhenunterschied“).

Freie Energie aus dem Vakuum oder der Nullpunktenergie ist also ein esoterisches Märchen – Schade, denn es gibt tatsächlich eine Energieform, die nach menschlichen Massstäben praktisch unerschöpflich, allgegenwärtig, sauber und billig in der Herstellung ist: Die Energie der Sonne. Würde man sich darauf konzentrieren, Solarzellen weiterzuentwickeln, statt unsinnigen Konzepten und dem unerreichbaren Perpetuum Mobile hinterherzujagen, wäre der Menschheit damit viel besser geholfen.

Aus der englischen Wikipedia

Vakuum Energie

Nullpunkt Energie

Geräte, die angeblich die freie Energie nutzen

10 Kommentare

  1. Die Nullpunktenergie ist abhängig von der krümmung des Raums und somit eines Gravitationsfelds, sie nimmt nur zu, wenn die Gesamtmasse des Universums zunimmt. ( glaube ich)

  2. Was ich nicht kapiere: Kann man die Nullpunktenergie als eine Art Konstante sehen? Also Energie pro Kubiklichtjahr oder so? Denn dann müsste doch diese Energie mit der Expansion des Universums stetig anwachsen…Kann mir das jemand erklären?

  3. Dann wal also Tesla ein vellücktel Spinnel? Zu dumm, dass man eine Einheit nach ihm benannte. Wenn man die Natul logarhytmisch betlachtet, ist sehl wohl Platz fül fleie Enelgie.

  4. \“Der zweite Eckpfeiler, die Unschärferelation, ist eine Beobachtung aus der Quantenmechanik. \“

    Ganz oben im Bild ist die Formel zu sehen:

    E = h * omega

    Das wollen wir doch gleich einmal überprüfen. Nur von den Einheiten her gesehen.

    E: kgm²/s²
    omega: rad/s
    daraus folgt zwingend die Einheit von h:
    h = E / omega = kgm²/s² * s/rad = kgm²/(s*rad)

    E = h * omega
    kgm²/s² = kgm²/(s*rad)* rad/s = kgm²/s²

    Die Einheiten stimmen. Energie = Energie.

    Nun zum zweiten Eckeiler der Quantenmechanik, der Unschärferelation. Die wortreichen Erklärungen oben lassen sich zusammenfassen in folgender qualitativen Formel:

    dp * dx > h

    Impulsunschärfe * Ortsunschärfe > h

    Einheiten:

    (Masse * Geschwindigkeit)sunsicherheit * Streckenunsicherheit > h

    kg * m/s * m > h

    kg m²/s > h

    einige Zeilen weiter oben steht die Einheit von h, welche aus der richtigen Formel: E = h * omega ermittelt wurde: kgm²/(s*rad)

    Die Unschärferelation lautet daher Einheitenmäßig:

    kg m²/s > kg m²/(s*rad)

    In der Tat. Das ist ein sehr unscharfer Vergleich. Seine Bedeutung entspricht ungefähr der Aussage:

    Tagsüber muß es immer wärmer sein als draußen.

    \“Kehren wir doch mal zurück in die Realität. Die Eckpfeiler der \“Freien Energie\“ lauten Energieerhaltung, Unschärferelation und Vakuumenergie.\“

    Da nun die Unschärferelation einen Vergleich zwischen zwei unvergleichbaren Größen behauptet und die Esoteriker versuchen, daraus Energie zu zaubern, kann natürlich die \“Freie Energie\“ und die \“Vakuumenergie\“ auch nur esoterischer Unsinn sein.

    Genauso wie alle quantenphysikalische Theorien und deren phantastische Phänomene, welche sich auf die Unschärferelation gründen.

  5. Casimir-Effekt(nach meiner Erinnerung):Du baust im Vakuum einen Zylinder mit Kolben, bringst ihn in einen Bereich mit Außendruck p–> am Kolben wird Arbeit verrichtet.
    Jetzt kannst du dir aussuchen ob du selbst wieder Arbeit aufwenden willst um den Kolben in seine Ursprüngliche Position zu bekommen oder ob du einen neuen Zylinder mit Kolben baust.
    das ganze nur in klein sind deine Möglichkeiten bei der Nutzung des Casimir-Effektes

  6. was ist denn mit dem casimir-effekt, dabei wird doch wenn ich das richtig verstanden habe mit virtuellen teilchen arbeit geleistet.

  7. Zitat:
    \“Virtuelle\“ Teilchen \“existieren\“ also nicht im herkömlichen Sinn: Ihre Entstehung und Vernichtung ist untrennbar aneinander gekoppelt.
    Zitat Ende.
    Das ist wohl nicht ganz richtig. Diese virtuellen Teilchen sind solange reell, wie sie sich nicht gegenseitig wieder zerstören (\“annihilieren\“).
    Dazu betrachten Sie bitte folgendes Gedankenexperiment:
    Die Paarerzeugung geschieht ganz nahe außerhalb am Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs UND eines der Teilchen (und nur dieses) gerät (zufällig) in das Schwarze Loch (\“Es überquert den Ereignishorizont.\“); dann bleibt das zugehörige andere Teilchen alleine zurück und fliegt vom Schwarzen Loch fort.
    Ein Beobachter des Schwarzen Loches denkt dann: \“Hey! Da kommt ein einzelnes Teilchen aus dem Schwarzen Loch! Das ist der Beweis, dass es \’Hawking-Strahlung\‘ gibt! Also sind Schwarze Löcher nicht ganz schwarz; sie lösen sich auf mit der Zeit!\“

  8. Genau da ist der Punkt, es gibt keine Energiedifferenz. Die Frei-Energieler sprechen deshalb von \“extrahieren\“, weil sie entweder den Unterschied zwischen ruhender (potentieller) und bewegter (kinetischer) Energie nicht kennen, oder ihn nicht verstanden haben. Überall ist Energie. Im Vakuum von mir aus, ganz bestimmt jedoch in unseren Mülleimern. Also, leibe Freienergetiker, bevor wir das bisschen Vakuumenergie anzapfen, \’extrahieren\‘ wir doch lieber die Energie aus unseren Mülleimern – ist eh viel mehr drin. Zeigt mir, wie es geht.

    Bisher können wir nur kinetische Energie auf unsere mechanischen Systeme umleiten, also eine Bewegung abbremsen und damit etwas anderes bewegen (Molekularbewegung aka Wärme und Elektronenbewegungen aka Strom kann man hier getrost wie makroskopische mechanische Bewegungen betrachten). Auch bei Wärme- oder Atomkraft machen wir nichts anderes als energiereiche Bindungen zu zerstören und mit der daraus entstehende kinetische Energie irgend etwas anzutreiben.

    Die \’Freie Energie\‘ ist nun mal leider potentieller Natur, und damit alleine kann man nichts antreiben. Um das zu kaschieren, verwendet man dann den Begriff \“extrahieren\“ (ohne zu wissen, wie das gehen soll).

  9. \’In beiden Fällen … ist eine Extraktion der angeblich \“vorhandenen\“ Energie ausgeschlossen\‘ ist etwas ungenau:
    Wir kennen kein Verfahren, Energie zu \’extrahieren\‘.
    Das einzige, was wir technisch können, ist die Nutzung von Energiedifferenzen, und das haben wir weder bei überall gleich stark vorhandener (kann auch 0 sein, dann gibt es sie nicht) \“Freier Energie\“ nun mal nicht — also nützt sie uns nichts.

    (Beispiel: Zwischen einem Hochdruckgebiet und einem Tiefdruckgebiet entsteht Wind, der die Mühle treibt. Hoher Druck alleine nützt nichts, er muss irgendwohin entweichen können, damit sich etwas bewegt. Erst diese Bewegung können wir technisch nutzen.)

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