Ein extrasolarer Komet?

Die Asteroiden und Kometen, die Astronomen tagtäglich beobachten, stammen alle aus unserem Sonnensystem. Alle? Nein, Komet Machholz 1 tanzt da möglicherweise aus der Reihe…

Unten Links: Komet Machholz
Unten Links: Komet Machholz
Aus der Beobachtung eines Kometenschweifes (einem schwach ionisierten Gas, das von erwärmten Kometen wegströmt) lässt sich auf dessen Zusammensetzung schliessen: bestimmte chemische Verbindungen und Elemente hinterlassen charakteristische Signaturen im Spektrum des Lichtes, das vom Gas ausgeht. Auf diese Weise wurde etwa bereits vor einem Jahrhundert entdeckt, dass man im Schweif des berühmten Kometen Halley unter anderem Cyan-Gas (CN = Kohlenstoff und Stickstoff) findet, was im April und Mai 1910, als die Erde durch den Schweif des Kometen flog, zu einem sensationalistisch-panischen Medienhype ähnlich der Diskussion um den LHC diesen Sommer führte (wie damals, gegen die Aussagen aller beteiligten Wissenschaftler).

Cyan und Cyan-haltige Verbindungen wurden bis heute in allen untersuchten Kometen entdeckt. Die Konzentration schwankt dabei nur wenig – mit einer Ausnahme. Der Komet Machholz 1, der in einer vergleichsweise kurzen Umlaufsperiode von rund 5 Jahren um die Sonne kreist (und ihr dabei näher als Merkur kommt, um sich dann wieder in den Raum zwischen Jupiter und Mars zurückzuziehen), hat nur rund 1.5% der Cyan-Menge, die in anderen Kometen beobachtet wird.

Zudem sind noch weitere kohlenstoffhaltige Verbindungen auf dem Kometen stark verarmt (sogenannte C2- und C3-Verbindungen). Dies wurde allerdings schon bei einer Reihe von Kometen (mit normaler Cyan-Zusammensetzung) beobachtet – man vermutet, dass dies mit den besonderen Bedigungen im ultrakalten, äussersten Bereich der Gas- und Staubscheibe, aus der alle Planeten und letztlich auch die Kometen entstanden sind, zusammen hängt.

Die Wissenschaftler, die Machholz 1 und andere Kometen auf ihre Cyan-Zusammensetzung untersuchten, schlagen drei mögliche Erklärungen vor: Erstens, der Komet könnte aus einem noch kälteren Bereich der ehemaligen Gas- und Staubscheibe kommen, wo nicht nur Kohlenstoff-Verbindungen, sondern auch Cyanverbindungen verarmt werden (bzw., die Verbindungen werden in andere Mineralien eingebaut und erscheinen dann im Kometenschweif weniger häufig als bei anderen Kometen). Zweitens, Machholz 1 könnte sein Cyan durch die hohen Temperaturen in der Nähe der Sonne verloren haben – aber da es auch andere Kometen mit normaler Cyan-Konzentration gibt, die der Sonne zum Teil noch näher kommen als Machholz 1, wird diese Möglichkeit auch gleich wieder ausgeschlossen. Drittens, der Komet könnte aus einem anderen Sternsystem stammen.

Warum? Die chemische Zusammensetzung der protostellaren Wolke, aus der sich Stern und schliesslich auch Planeten bilden, ist von Stern zu Stern unterschiedlich. So variiert etwa die Kohlenstoffkonzentration beträchtlich: von wenigen Promille wie in unserem Sonnensystem bis zu „häufiger als Silizium“ kommt alles vor. So wäre es möglich, dass im Fall von Machholz 1 die C2, C3 und Cyan-Verbindungen nicht aus chemischen Gründen verarmt sind, sondern weil er sich ursprünglich in einem Sternsystem gebildet hat, in dem es ohnehin deutlich weniger Kohlenstoff als im Sonnensystem gibt.

Das ganze Szenario ist nicht so abwegig: in der letzten Phase der Planetenbildung schleudern die neu entstandenen Planeten die verbliebenen Asteroiden und Kometen aus dem System in den interstellaren Raum. Dort ziehen diese Körper dann einsam zwischen den Sternen umher, bis einige von ihnen zufällig von einem durchziehenden Stern aufgegriffen werden. Dieser Stern war in unserem Fall die Sonne, wobei der Komet, den wir jetzt als Machholz 1 kennen, das „Glück“ hatte, auf seiner ersten Bahn um die Sonne dem Jupiter zu begegnen, so dass er in seine heutige Bahn eingebremst wurde. Es wäre – sollte sich dieses in mittelfristiger Szenario bestätigen – das erste Mal in der Geschichte, dass man ein Objekt aus einem anderen Sternsystem quasi direkt vor der eigenen Haustür untersuchen könnte. In diesem Fall würde dann sicher auch über eine Raumsondenmission zu diesem ganz speziellen Kometen nachgedacht.

Im Jahr 2012 wird sich Machholz 1 wieder der Sonne nähern. Die Wissenschaftler hoffen, dass sie dann die Gelegenheit erhalten, die Zusammensetzung des Schweifes in noch grösserer Auflösung zu studieren.

Artikel bei NewScientist

2 Kommentare

  1. Von denen gibts sicherlich noch mehr vielleicht kam auf diesem
    Weg Leben auf die Erde eine Sonde die auch Material
    von dort zurückbringen könnte würde sich sicher lohnen

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