Das Mead-Paradox

Die Venus ist vielleicht eine der rätselhaftesten Welten des Sonnensystems. Gerade ihre Ähnlichkeit zur Erde in vielerlei Hinsicht lässt uns Vergleiche ziehen – manchmal mit überraschenden Konsequenzen.

Irgendwie scheint es etwas unfair: Wenn morgen ein Exoplanet entdeckt würde, der etwas weniger als eine Erdmasse hat, etwas kleiner als die Erde ist, am inneren Rand der bewohnbaren Zone um seinen Stern kreist und damit eine geschätzte Equilibriums-Oberflächentemperatur (bei Albedo 0.3) von etwa 70 °C hat („vielleicht hat er ja viele Wolken…“), wäre das Internet voll von Berichten über diese neue, „erdähnliche“ Welt, man würde über die Möglichkeit komplexen Lebens diskutieren und nur wenige Monate später würde irgendein russisches Teleskop ein Signal in Richtung dieses Planeten schicken. Absurd? Genauso war es beim Planeten Gliese 581 c, und dieser Planet ist weit davon entfernt, der Erde so ähnlich zu sein wie die Venus.

Für die fehlende Begeisterung für diesen erdähnlichen Planeten direkt vor unserer Haustür gibt es natürlich einen Grund: Wir wissen seit den 60er Jahren, dass die Venusoberfläche höllisch heiss, trocken und tot ist. Trotzdem ist die Venus ein gutes Beispiel dafür, wie die Entwicklung eines – mal abgesehen vom heutigen Zustand der Atmosphäre und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Oberfläche – durchaus erdähnlichen Planeten auch noch abspielen kann.

Dass allein der etwas geringere Abstand der Venus zur Sonne für den Unterschied verantwortlich sei, ist ein Trugschluss: die Strahlungsleistung der Sonne ist bei der Venus zwar rund doppelt so hoch, aber der nächstwichtige Faktor für die Oberflächentemperatur des Planeten, die Albedo, ist bei der Venus wegen den Schwefelsäuerwolken so hoch (rund 0.89, das heisst, die Venus reflektiert 89% des einfallenden Sonnenlichtes), dass dies mehr als kompensiert wird und ihre Oberflächentemperatur nur gerade -40 °C betragen würde – wenn da der Treibhauseffekt nicht wäre.

Umgekehrt wäre es theoretisch durchaus möglich, die Erde in eine zweite Venus zu verwandeln – alles was man tun müsste, wäre die Verdampfung von genügend Ozeanwasser, um den „durchgedrehten Treibhauseffekt“ zu starten (das ist weniger als man vielleicht denkt: ohne die Möglichkeit, warme, feuchte Luft zu den Polen zu transportieren, würden die Tropen der Erde schon heute in diesen Zustand wechseln). Die Stickstoff- und CO2-Budgets der beiden Planeten sind fast gleich gross, doch während die Entwicklung von Ozeanen und Wasserkreislauf der Erde ermöglichte, das CO2 in Form von Kalk zu binden und die Biosphäre den Grossteil des Stickstoffs band, befinden sich auf der Venus beide Stoffe vollständig in der Atmosphäre.

Erde und Venus sind also wirklich zwei ungleiche Schwestern, zwei Seiten einer Medallie, zwei Pfade, die die Entwicklung eines „erdähnlichen“ Planeten nehmen kann. Da wir die Erde wegen des anthropischen „Auswahleffektes“ (wir müssen uns auf einem lebensfreundlichen Planeten entwickelt haben) nicht als repräsentativ für diese Grössenklasse von Planeten ansehen können, müssen wir die Venus als typische Vertreterin dieser Planetenklasse ansehen (so lange die physikalischen Eigenschaften der Venus nicht eine zwingende Vorbedingung für das Leben auf der Erde waren – was ja wohl kaum der Fall ist – müssen wir annehmen, dass die Venus quasi eine zufällige, und damit typische Ziehung aus ihrer eigenen Planetenklasse darstellt) – und schauen, was wir daraus lernen können. Hier wären eine Menge interessanter Beobachtungen möglich, doch für diesen Artikel konzentrieren wir uns auf die Krater.

Die Venus hat, trotz ihrer dichten Atmosphäre, eine stattliche Anzahl Krater (etwa 1000 davon wurden identifiziert). Trotzdem ist die Oberfläche nicht so alt wie etwa jene des Mondes, des Merkurs oder auch des Mars (deren älteste Oberflächen „Sättigung“ erreicht haben – jeder Quadratmeter der Oberfläche wird von einem Krater oder dessen Auswürfen bedeckt): bei der heutigen (und zurückextrapolierten) Häufigkeit von Einschlägen bestimmter Grössen und Häufigkeiten lässt sich errechnen, wie alt die Oberfläche der Venus in etwa sein muss. Dabei kommt man auf einen Wert von „nur“ gerade 500 Millionen Jahren (plusminus 200 Millionen, da solche Kraterzählungen nie besonders genau sein können). Das heisst, entweder ist vor 500 Millionen Jahren eine grosse, globale Katastrophe geschehen, bei der die gesamte Oberfläche irgendwie „erneuert“ (zum Beispiel: von Lavaströmen bedeckt) wurde. Die Alternative wäre, dass die Oberfläche sich ständig erneuert, an zufälligen Stellen, mit einer Rate, die die Oberfläche in etwa 500 Millionen Jahren ersetzt – das entspricht etwa einem Quadratkilometer pro Jahr. Da wir keine derartigen Veränderungen sehen (noch immer wurde kein aktiver Vulkanismus auf der Venus nachgewiesen), muss eine solche Erneuerungsaktivität episodisch erfolgen, womit man schon bald wieder bei der ersten Möglichkeit wäre.

Für grosse Einschläge mit Kraterdurchmessern von über 35 km spielt auch die dichte Atmosphäre übrigens keine Rolle mehr: die Grössenverteilung folgt dann dem gleichen Verteilungsgesetz wie für Krater auf atmosphärenlosen Himmelskörpern (jeweils für Gravitation und Entfernung zur Sonne korrigiert), während kleinere Einschläge teilweise von der Atmosphäre abgefangen werden – Krater kleiner als etwa 2 km im Durchmesser gibt es schon gar nicht. Fast alle kleineren Krater sind asymetrisch, was auf ein Auseinanderbrechen des Impaktors in der Atmosphäre hindeutet, und fast alle Kraterauswürfe haben eine westwärts gerichtete Asymetrie, was wohl mit den vorherrschenden Windverhältnissen in der dichten Atmosphäre zusammenhängt.

Der grösste der Krater auf der Venus heisst Mead (wie alle Oberflächenmerkmale der Venus ist er nach einer Frau benannt: der amerikanischen Anthropologin Margaret Mead). Er hat einen Durchmesser von 270 km. Damit ist er deutlich grösser als der grösste irdische Krater, der in einem vergleichbaren Zeitraum entstanden ist: Chicxulub (170 km) auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan, der vor 65 Millionen Jahren entstand und dessen Einschlag vermutlich das Ende der Dinosaurier besiegelte. Es gibt auf der Erde zwar zwei Krater, die ähnlich gross sind wie Mead (Vredefort in Südafrika und Sudbury in Kanada, beide ca. 300 km im Durchmesser), doch sind diese gut 2 Milliarden Jahre alt, stammen also aus einer Zeit, in der grosse Einschläge dieser Art noch häufiger waren. Wir wissen nun aber, dass Mead in den letzten 500 Millionen Jahren entstanden sein muss.

Das ist interessant, aus verschiedenen Gründen. Zunächst einmal ist klar, dass die Asteroiden- (und Kometen-) Population, die die Krater auf der Venus verursacht, dieselbe ist, wie jene, die auf der Erde Krater verursacht: aus der Sicht des Sonnensystems befinden sich Erde und Venus praktisch auf derselben Bahn. Da für grosse Krater der „Filtereffekt“ der Venus-Atmosphäre nicht mehr spielt, müssten die grossen Krater der Erde eine ähnliche Grösse-Häufigkeits-Verteilung haben wie jene der Venus.

Typischerweise skaliert eine solche Verteilung mit D-3, das heisst, „doppelt so grosse“ Krater sind jeweils 1/23 = 1/8 so häufig. Das widerum heisst, auf etwa vier 170 km-Krater (wie Chicxulub) sollte ein Krater von der Grösse von Mead kommen. Bedenkt man nun, dass die Entstehungshäufigkeit von Kratern der Chicxulub-Klasse etwa einmal in 100 Millionen Jahren beträgt, kommt man zur einleuchtenden Feststellung, dass es auf der Erde in den letzten 500 Millionen Jahren – wie auf der Venus – etwa 4 grosse Krater von der ungefähren Grösse Chicxulubs, plus einen deutlich grösseren von der Grösse von Mead geben sollte.

Das Problem ist nur: wir kennen auf der Erde keine weiteren Krater dieser Grösse (der nächstkleinere ist Popigai, der „nur“ gerade 100 km im Durchmesser hat – Krater dieser Klasse sollten rund fünf Mal häufiger sein). Natürlich spielt hier eine Rolle, dass die Erde zu rund 70% von Wasser bedeckt ist, und die ozeanische Kruste nach jeweils rund 200 Millionen Jahren wieder subduziert wird (in den Erdmantel abtaucht). Die Chance, dass der Asteroid das Land trifft, ist also jedes Mal etwa 1/3, so dass man erwarten würde, dass sich etwa 5/3, oder „etwa 2“ der Krater auf dem Land befinden, wo sie erhalten bleiben. Die Chance, einen zweiten „Chicxulub“ irgendwo auf der Erdoberfläche zu finden (mit einem Alter von 100 – 500 Mio Jahren), ist deshalb durchaus gegeben. Die anderen drei Krater würde man im Meer vermuten, wobei wir höchstens bei einem davon erwarten dürfen, dass er noch nicht subduziert wurde (wenn er ganz grob im Zeitraum 100-200 Mio Jahre gebildet wurde).

Das eigentliche „Mead-Paradox“ ergibt sich aber aus der Beobachtung, dass diese anderen „vier“ Einschläge offenbar spurlos am Leben auf der Erde vorbeigeganen sind. Natürlich gab es weitere Massenaussterben in den letzten 500 Millionen Jahren, aber diese lassen sich nicht mit einem Einschlag in Verbindung bringen, da keinerlei indirekte Spuren eines Einschlags, wie etwa eine Iridium-Anomalie, gefunden wurden. Sind Einschläge von grossen Asteroiden vielleicht gar nicht so tödlich wie bisher gedacht? Dann müsste man allerdings auch erklären, warum die Dinosaurier (und die vielen anderen Tierarten, die an der Kreide-Paläogen-Grenze ausstarben) exakt mit der Iridium-Anomalie des Impakts verschwinden.

Oder sind nur die Einschläge in den Ozean weniger „tödlich“ für die Biosphäre? Allerdings ist hier nicht klar, warum das so sein sollte. Man würde vermuten, dass selbst 4 km Wasser (die durchschnittliche Tiefe des Ozeans) beim Einschlag eines 10 km durchmessenden Asteroiden keinen grossen Unterschied machen. Man kann leicht berechnen, dass die Erhitzung und Verdampfung von 25° warmem Wasser etwa 2.6 Megajoule Energie pro Kilogramm erfordert, und die Erhitzung und Verdampfung eines Wasserzylinders von 5 km Radius und 4 km Höhe damit rund 7.4 * 1017 Joule erfordert. Die Gesamtenergie eines 10 km grossen und damit 1.5 Billionen Tonnen schweren Asteroiden, der die Erde mit der Minimalgeschwindigkeit von 11.2 km/s trifft, beträgt aber etwa 2 * 1023 Joule, oder über 200’000 mal mehr. Das heisst, die „Kühlwirkung“ des verdampften Wassers allein macht praktisch keinen Unterschied.

Allerdings könnte es sein, dass Einschläge in den Ozean ohnehin anders ablaufen, weil die ozeanische Kruste vorwiegend aus Basalt besteht und deutlich dünner ist als jene unter den Kontinenten. Es wäre vielleicht denkbar, dass ein Asteroid vom „Chicxulub“-Kaliber (oder grösser) die Kruste einfach durchbricht und mit seinem Einschlag einen sogenannten Flutbasalt auslöst. Flutbasalte sind grosse Vulkanische Ausbrüche, in denen viele tausend bis Millionen Kubikkilometer Lava freigesetzt werden, die grosse Gebiete überfluten. Ein solcher Flutbasalt könnte dann den den Krater selbst, sowie die gesamte Umgebung darum herum mit Lava überfluten und alle direkten Spuren des Einschlags tilgen. Flutbasalte, auch „Large Igneous Provinces“ (LIPs) genannt, gibt es im Ozean einige. Ein besonders grosses ist das riesige Ontong-Java-Plateau im Südpazifik, das mit 120 Mio Jahren auch in etwa das richtige Alter hat. Bis heute gibt es aber noch keinerlei konkrete Hinweise darauf, dass LIPs im Allgmeinen, oder Ontong-Java im speziellen, wirklich auch durch Einschläge ausgelöst werden können.

Ist das die Lösung des Rätsels? Oder ist die Erde in den letzten 500 Mio Jahren einfach nur zufällig einem grösseren Einschlag als Chicxulub entkommen? Steht der Erde ihr „Mead“ noch bevor?

55 Kommentare

  1. „Warum sollte eine kleinere Schwerebeschleunigung grössere Krater produzieren?“
    siehe Gleichung (21*) in effects.pdf, D ~ g^-0.22 für den transient crater.

    „Warum hatten die zwei Chicxulub, die ins Meer fielen, keine Auswirkungen auf die Biosphäre?“
    Einige Möglichkeiten die mir spontan Einfallen, wurden teilweise scon von anderen oben genannt.
    1. Es gab vielleicht keine und Chicxulub war tatsächlich der größte Einschlag der letzten 500Mio Jahre.
    2. Einschläge sind allgemein weniger gefährlich als gedacht. Selbst 100-150km Krater führen nicht zu Massensterben.
    3. Die Gefährlichkeit liegt nicht in den physikalischen Auswirkungen sondern in der Chemie, d.h. in der Beschaffenheit des ausgeworfenen Materials. Sediment als Target mit viel C, S, Cl oder was auch immer, ist schlecht und führt bereits bei „kleinen“ Kratern von ca 100km zur Katastrophe. Dagegen sind selbst Einschläge in die Tiefsee oder ungefährliches Gestein selbst bei Krater von bis zu 200km relativ harmlos und führen nur zu lokalen (einige 1000km?) Verwüstungen, aber keinem globalen Massensterben.
    4. Einschläge ins Meer sind aus pysikalischen Gründen irgendwie ungefählicher als an Land, zumindest bis etwas zur Größe des KT-impacts.
    5. Kombinationen aus 1-4.

  2. 1) „17-11.2=5.8 km/s ist definitiv falsch.“ Stimmt, sagt Wikipedia. Ich würde dann entsprechend rechnen (mit deinem Ansatz für die höhere Relativgeschwindigkeit bei der Venus):
    Erde: 17^2/2 = 145 MJ/kg
    Venus: (12.8^2/0.723 + 10.46^2)/2 = 168 MJ/kg

    2) Die Häufigkeit der Einschläge wird auf der Impact Effects Seite anhand der Grösse der Impaktoren abgeschätzt, und zwar ausschliesslich aufgrund der NEO-Population. Kometen spielen jedoch auch eine Rolle, die dort nicht reflektiert ist (kannst du im zugehörigen Paper nachlesen: http://impact.ese.ic.ac.uk/ImpactEffects/effects.pdf.) Zwar schätzt man, dass die Kometen nur einige Prozent des Asteroidenfluxes ausmachen – doch sie sollten im Schnitt eine deutlich (4-20 Mal) höhere Impaktenergie aufweisen, so dass sie bei den grossen Kratern durchaus eine wichtige Rolle spielen könnten. 310 Mio Jahre ist damit die mittlere Wiederkehrzeit eines Asteroidenimpaktes der gegebenen Grösse, ignoriert jedoch die Kometen. Es gibt auch Hinweise darauf, dass der Chicxulub-Impaktor ein Komet war (ein fossiler Meteorit, der an der K/T-Grenze gefunden wurde (Kyte et al., 1996) ist ein kohliger Chondrit, die möglicherweise mit Kometen assoziiert sind).

    3) Ich denke, wir sollten nochmals zum ursprünglichen Problem zurück: Einfach formuliert: Für jeden Chicxulub auf dem Land muss es zwei davon im Meer geben. Das sieht man so auch auf der Venus reflektiert. Warum hatten die zwei Chicxulub, die ins Meer fielen, keine Auswirkungen auf die Biosphäre?

  3. Ein mindestens 85km Krater wird (nach dem Link) alle 50Mio erzeugt. Also 6.2 mal so häufig wie ein doppelt so großer Krater. Das ist ein Exponent von -2.6 für die kumulative Verteilung.

  4. Wenn ich die 310Mio Jahre aus dem Linke benutze, komme ich auf 500/310=1.613 was für die Poissionverteilung für keinen Einschlag über 170km (potentiellen) Kraterdurchmesser p(0)=1.613^0/0!*exp(-1.613)=0.20=20% ergibt.

  5. 1) 17-11.2=5.8 km/s ist definitiv falsch. Du must mit der kinetischen Energie rechnen. Also z.b. 17^2-11.2^2=12.8^2 also 12.8 km/s Anfangsgeschwindigkeit im unendlichen.

    2) Nach deinen Link gibt es auf der Erde einen 170 km Krater, alle 310Mio Jahre
    http://impact.ese.ic.ac.uk/cgi-bin/crater.cgi?dist=1000&distanceUnits=1&diam=16400&diameterUnits=1&pdens=&pdens_select=3000&vel=17&velocityUnits=1&theta=45&wdepth=&wdepthUnits=1&tdens=2500
    Nach meiner Rechnung oben alle 500/1.28=390 Mio Jahre bzw. (Venus) alle 24/(31/1.183)=358 Mio Jahre.
    Nach deiner Rechnung würdest du auf 31*(170/64)^-2=4.39 Krater mit >=170km in den letzte 500Jahren kommen, also alle 113 Mio Jahre.

  6. 2) Ja, eine kumulative D^-3-Verteilung entspricht einer D^-2-Verteilung der Anzahl der Krater in den einzelnen Grössenkategorien. Ich integriere D^-3 von der Untergrenze zur Obergrenze jeder Kategorie, und verteile am Ende die 31 Krater auf die so erhaltenen Werte – gibt die Verteilung, wie von mir vorgestellt.

    3) Warum sollte eine kleinere Schwerebeschleunigung grössere Krater produzieren? Die Kratergrösse wird ja nicht von der Auswurfweite der Trümmer bestimmt, sondern von der Impaktenergie und der Gesteinsdichte.

    17 km/s ist die typische Einschlagsgeschwindigkeit von Asteroiden auf der Erdoberfläche – die Fluchtgeschwindigkeit 11.2 km/s ist da schon mit drin. Siehe z.B. hier: http://impact.ese.ic.ac.uk/ImpactEffects/ Wenn schon, müsstest du also von den 17 die 11.2 der Erde wieder abziehen (5.8), und deine Rechnung (von der ich noch nicht überzeugt bin, dass sie so stimmt – warum addierst du die Fluchtgeschwindigkeit separat?) daran ausführen:
    Erde: (5.8^2+11.2^2)/2 = 77.3 MJ/kg
    Venus: (5.8^2/0.723+10.46^2)/2 = 78.0 MJ/kg

    PS: Wenn du dich anmeldest, solltest du deine Kommentare bearbeiten können.

  7. 1) Dass sollte sein: „Falls alle großen Krater an Land schon entdeckt wurden.“
    2) Du hast eine D^-2 Verteilung genommen?!
    3) Einschläge eine Körpers gleicher Masse erzeugen auf der Venus größerer Krater.
    „Die Impaktenergie auf der Venus ist übrigens praktisch gleich wie auf der Erde:“ nein.
    “ klar bewegt sich die Venus schneller auf ihrer Bahn – aber die Asteroiden auf dem Punkt ihrer Bahn, an der sie die Venus treffen, genauso.“
    Eben! Die kinetische Energie der relativ Bewegung geht wie 1/r obei r der Abstand von der Sonne ist.
    Beispiel:
    Erde 17km/s mitteler Relativgeschwindigkeit. Einschlag mit (17^2+11.2^2)/2=207 MJ/kg
    Venus 17/0.723 km/s. Einschlag mit (17^2/0.723+10.46^2)/2=254 MJ/kg
    Außerdem sollten die Krater selbst bei kleinerer Einschlagenergie größer sein, da die Schwerebeschleunigung kleiner ist. Andererseit ist aber auch die Oberfläche kleiner.
    Um die gleiche Kratergröße auf der Erde wie auf der Venus zu erzeugen, benötigt es m.E. die 254/207/0.904=1.36 fache Energie. Da D~E^3.4 ist der Kraterdurchmesser auf der Venus bei gleichem Objekt im Mittel um 9.5% größer, Was eine (1.095)^3=1.31 fache Häufigkeit vortäuscht. Mal die Fläche (0.902) gibt das die 1.183 fache Kraterzahl als auf der Erde, also 31/1.183 = 26.

  8. Da scheint bei 1) was zu fehlen… Zu 2) Zunächst einmal solltest du die Verteilung auf der Venus als Grundlage nehmen, diese Anzahl ist ja nicht durch Subduktion oder Erosion verfälscht wurde. Also hätten wir 31 Einschläge >=64 km. Mit einer kumluativen D^-3-Verteilung würde man in den oben genannten Kratergrössen-Bereichen folgende Anzahl Krater erwarten (auf ganze Zahlen gerundet):

    256-326 km: 1
    181-256 km: 2
    128-181 km: 4
    90.5-128 km: 8
    64-90.5 km: 16

    Das wären also zumindest 3 Einschläge deutlich grösser als Chicxulub, und 3 ungefähr ähnlich gross. Krater haben wir nur einen gefunden (ein zweiter könnte drinliegen, wie im Artikel erwähnt, mit 6*33% = 2), aber offenbar hat sich von all diesen Einschlägen nur einer global tödlich ausgewirkt bzw. Spuren hinterlassen.

    Das heisst, du müsstest deine Poissonverteilung mit dem Parameter ~6 machen, und da wird p(0) deutlich kleiner (0.2%).

  9. „Wie kommst du auf die 30%?“
    Landfläche+Schelf ist ca. 1/3 der Erdoberfläche.
    1. Wkt des größten Einschlages auf dem Land 33%. Falls alle
    2. Mit berücksichtigung der Größe von Chicxulub: 8 Einschläge >=64km auf dem Land+Schelf. Also insgesamt etwa 24 mit (potentiellem) Krater >=64km auf der Erde in 500Mio Jahren bei eine Häufigkeit wie D^-3 also ist der Erwartungswert für die Zahl der Einschläge größer/gleich Chicxulub
    24*(170/64)^-3=1.28
    Poissionverteilung mit diesem Parameter p(0)=1.28^0/0!*exp(-1.28)=0.28=28%

  10. @Alex: Die Waldbrände werden vermutlich von der Hitze der wieder in die Atmosphäre eintretenden Trümmer verursacht. Diese Trümmer enthalten teilweise Asteroidenmaterial (im Fall des K/T-Impakts besteht der Ton, den man an der K/T-Grenze findet, aus bis zu 25% Asteroidenmaterial) – das heisst, unbesehen davon, was mit dem Wasser genau passiert (die Idee mit den globalen Regenfällen gefällt mir!), die Trümmer allein sollten eine Signatur in den Sedimenten dieser Zeit hinterlassen.

    Ich freue mich, dass ich das Problem nun offenbar vermitteln konnte. 🙂

  11. @UMa: Richtig, wie ich schon sagte, die Zahlen sind konsistent damit, dass auf der Erde und der Venus die gleichen Impaktoren etwa gleich häufig einschlagen, wie man das aufgrund der Nähe der beiden Planeten auch erwarten würde.

    Natürlich ist das Alter der Venusoberfläche genau aus diesen Kratern geschlossen worden (eine unabhängige Bestätigung dafür gibt es nicht) – allerdings wurde die Krater-Häufigkeitsverteilung natürlich nicht an der Erde aufgehängt, sondern am Mond, wo man in der Lage war, Krater (aufgrund von Proben aus Auswurfhorizonten, die Apollo-Astronauten zurückgebracht haben) mit Altern zu versehen. Die Impaktenergie auf der Venus ist übrigens praktisch gleich wie auf der Erde: klar bewegt sich die Venus schneller auf ihrer Bahn – aber die Asteroiden auf dem Punkt ihrer Bahn, an der sie die Venus treffen, genauso. Die etwas geringere Gravitation beschleunigt die Asteroiden vor dem Einschlag etwas weniger stark auf die Venus zu, aber das macht bezüglich Kratergrösse fast nichts aus.

    Mead ist deshalb der „Aufhänger“ für die Diskussion, weil er weniger als 500 Mio Jahre alt ist, aber deutlich grösser als jeder irdische Krater in diesem Zeitraum. Da man in erster Näherung annehmen darf, dass Erde und Venus von denselben Impaktoren getroffen werden, muss man sich schon fragen, wo denn „unser“ Mead abgeblieben ist, bzw., warum dessen Einschlag keine Auswirkung auf das Leben hatte. Selbst wenn man zulässt, dass man hier natürlich mit einer Statistik der sehr kleinen Zahlen operiert und Mead ein Ausreisser sein könnte (obwohl gemäss der Grösse-Häufigkeitsverteilung ein Einschlag von der Grösse von Mead einmal pro 500 Mio Jahre zumindest „erwartet“ werden sollte), muss man einräumen, dass auch etwas kleinere Krater von der Grösse von Chicxulub erstaunlich selten sind. Gerade WEIL es ja heisst, Chicxulub sei der Auslöser des K/T-Aussterbens gewesen (was durchaus plausibel ist), würde man nicht erwarten, dass diese Einschläge keine Auswirkung auf das Leben hatten.

    Anders gesagt: Du kannst die Anzahl grossen Krater der Venus nehmen und annehmen, dass dieselbe Anzahl entsprechend grosser Impaktoren in den letzten 500 Mio Jahren die Erde getroffen haben. Wenn wir sagen, Impaktoren der 128-181km Klasse und darüber lösen Massenaussterben aus, dann müsste es also auf der Erde in den letzten 500 Mio Jahren etwa 4 Massenaussterben gegeben haben, die von Einschlägen herstammen. Es gab deren 5, aber nur eines ist mit einem Einschlag assoziiert. Es ist nicht so, dass uns die Zuordnung einfach entgangen ist: bei jedem Massenaussterben hat man nach Iridium-Anomalien gesucht – bei keinem anderem ausser dem K/T-Aussterben ist man fündig geworden. Das heisst, es gab zwar vier weitere Massenaussterben, aber sie wurden nicht von Asteroiden verursacht.

    Wie kommst du auf die 30%?

  12. Die Sache mit den weltweiten Waldbränden, die vor 65 Mio Jahren offenbar schlimm waren, und deutlichen Spuren und Folgen hinterlassen haben, setzt voraus dass auch weltweit Wälder zum brennen da sind.

    Ich will sagen dass auch die klimatischen und sonstigen Bedingungen für Bewaldung auf den Landmassen zum Einschlagszeitpunkt betrachtet werden müssen. Diese werden atmosphärisch, aber auch tektonisch und nicht zuletzt evolutionär beeinflußt. ( Vor 500 Mio Jahren wars wohl noch nix mit Wald )

    Sind zum Zeitpunkt des Einschlags die Landmassen größtenteils versteppt, verwüstet oder gar vereist ist nicht viel da das niederbrennen könnte. Der globale Brand, seine dramatischen Folgen für Flora und Fauna und seine Spuren, wie Ascheschichten bleiben aus. Der Einschlag verläuft deutlich harmloser und hinterläßt weniger Spuren.

    Ich könnte mir auch vorstellen dass ein Einschlag im Meer, bei dem der Impaktor die dünne Kruste evtl. komplett durchschlägt, generell weniger Auswurf erzeugt.

  13. Wie ich auch schon mißverstanedn hatte, es geht gar nicht um die definitive Zahl der Einschlagkrater auf der Erde sondern eher darum daß diese wohl keine Auswirkungen hatten. Zumindest keine heute überprüfbaren.
    Aber wie ich schon schrieb, ein Einschlag vor rund 500-800 Millionen Jahren dürfte anhand der heutigen Flora und Faune nicht nachweisbar sein, könnte die Evolution im Gegenteil eher beflügelt haben.

    Der Unterschied, wieso der 65-mio-Jahre-Impaktor das Austerben verursachte und andere dagegen nicht könnte auch in einem Detail liegen; Offenbar haben vor 65 mio.Jahren die Wälder weltweit gebrannt – bei anderen Einschlägen dagegen nicht.
    Was haltet Ihr von der Idee, daß ein auf Meeresboden einschlagender Asteroid einen gigantischen „Kranz“ aus Wasser das er verdrängt hochschleudert, der wiederum die unmittelbare Wärmeabstrahlung absorbiert, zusätzlich zum unmittelbar im Einschlagsort verdampfenden Wasser.
    Es könnte auch viel einfacher sein: fernab von Landmassen verpufft die Wärmestrahlung komplett ins All.
    Oder noch einfacher: könnte die Verpuffung von Wasser bei einem Meereseinschlag nicht im Anschluß zu massiven globalen Regenfällen führen, die solche Waldbrände praktisch direkt wieder löschen?

    Gruß Alex

  14. Hallo Matthias,

    also ist Mead doch so etwas wie ein Ausreiser.

    Deine Zahlen sind konsistent mit einer gleichen Einschlagrate auf Venus und Erde(Land). Besonders wenn man berücksichtigt, dass die Krater wegen höherer mittlerer Impaktenergie (Bahngeschwindigkeit der Venus) und geringere Gravitation größer ausfallen sollten als auf der Erde.
    Alles andere wäre auch sehr verwunderlich, denn gäbe es auf der Venus mehr Krater als auf der Erde im gleichen Zeitraum, wäre die Altersbestimmung höherausgefallen. Man hätte nichts bemerkt.
    Gibt es eigentlich Altersbestimmungen von der Venusoberfläche, die nicht auf Kraterzählungen beruhen?

    Das eigentliche hat nichts mit der Venus zu tun, sondern mit der Erde. Daher ist der Name „Mead-Paradox“ m.M.n. unpassend. Es hat nicht mit Mead zu tun und ist kein Paradox.
    Die Frage ist eigentlich: Wieso kennen wir kaum Krater im Ozean? Die jüngere Kruste allein reicht m.E. nicht. Entweder sind die Krater viel kleiner als an Land oder schwerer zu finden. Das es keine Impakte in den letzten 500 Mio Jahren größer als Chicxulub gegeben hat ist keinesfalls a priori unwahrscheinlich (ca 30% würde ich sagen). Trotzdem bleibt natürlich die Frage was bei den Einschlägen ins Meer, die an Land Krater mit 90km und mehr Durchmesser erzeugen würden, und die es unzweifelhaft mehrere Male in den letzte 500Mio Jahren gegeben haben muss passiert ist.
    Einschläge mit 50-60km Kratern an Land scheinen offenbar keine Massensterben auszulösen, wie ich vor ein paar Jahren im astronews-Forum schon geschrieben habe.

  15. Die Bevorzugng der Luv-Seite ist minim, im niedrigen Prozentbereich höchstens – und gleiches gilt entsprechend auch für die Pole.

    Dazu kommt noch, dass die Bahnen aller Asteroiden sich ohnehin zur Erde hin neigen, wenn sie von der Erde vor dem Einschlag um nochmals 11 km/s (auf die Erdoberfläche zu) beschleunigt werden.

  16. Ja. Ich denke aber auch, dass die Asteroiden hauptsächlich aus einer Richtung kommen. Da z.B. die Erde kugelförmig ist, so mein Gedanke, sollte die Dichte der Einschläge, in Regionen mit steilem Einfallswinkel, höher sein, als in Regionen mit flacherem Einfallswinkel. (?)

  17. Dazu habe ich auch schon wissenschaftliche Arbeiten gesehen, deren Ergebnis ist aber stets: es gibt keinen Unterschied. Der Grund ist, dass die „Höhe“, über die sich Asteroiden über und unter der Ekliptik verteilen, sehr viel grösser als der Durchmesser der Erde ist. Entsprechend spielt der Mond auch keine Rolle.

    Einen Unterschied wäre allerdings in der Tageszeit des Einschlags zu erwarten. So gibt es etwa in der zweiten Nachthälfte und (theoretisch) am Vormittag etwas mehr Sternschnupppen als am Nachmittag und in der ersten Nachthälfte, weil diese Seiten jeweils im Luv und Lee der Bewegung der Erde um die Sonne stehen. Der Unterschied ist nicht sehr gross, aber man könnte sagen, die Chance ist etwas grösser, dass die Sonne gerade über Yucatan aufging, als der Chicxulub-Impaktor einschlug, als dass sie unterging. Aber natürlich gibt es wegen der Drehung der Erde hier keinerlei Gewissheit. Für gebunden rotierende Körper (z.B. den galileischen Monden) ist es jedoch durchaus so, dass die vorauseilende Hemisphäre (Luv) etwas mehr Krater aufweist als die nachfolgende (Lee).

  18. Ich habe mich immer gefragt, ob es eine Einschlagwahrscheinlichkeitsverteilung auf der Oberfläche eines Planeten gibt. Beispiel: Am Äquator schlagen mehr Körper auf, als an den Polen. Wenn ja, wie beeinflusst ein Mond, wie unser, diese?

  19. Wenn Dinge statistisch in Schieflage geraten, ist es immer angebracht, ein paar Fragezeichen zu setzen. Natürlich ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass die Erde „zufälligerweise“ 400 Mio Jahre lang einem grösseren Einschlag entkommen ist – aber es ist extrem unwahrscheinlich, und das ist eine schlechte Argumentationsgrundlage. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die Einschläge stattgefunden haben, die Lücke in unserem Verständnis aber ganz woanders zu suchen ist, nämlich in der Auswirkung der Einschläge selst.

    Ich schliesse nicht nur vom grössten Krater (Mead) aus – wie erwähnt schliesst man von der gesamten Kraterverteilung aus, die mit D^-3 skaliert. Die nächstkleineren Krater auf der Venus passen gut in dieses Grössenverteilungs-Schema.

    Grössenkategorien, übernommen aus Schaber et al., 1992 JGR:

    256-326 km: 1
    181-256 km: 0
    128-181 km: 3
    90.5-128 km: 8
    64-90.5 km: 19

    Auf der Erde sind die grössten Krater (letzte 500 Mio Jahre) jedoch auffallend abwesend:

    256-326 km: 0
    181-256 km: 0
    128-181 km: 1 (Chicxulub)
    90.5-128 km: 2 (Manicouagan, Popigai)
    64-90.5 km: 5

    Während es eine plausible Erklärung dafür gibt, warum wir die Krater selbst nicht mehr finden – sie wurden subduziert (dazu passt auch, dass das Verhältnis von Kratern auf der Erde zu Kratern auf der Venus etwa 1:4 beträgt) – gibt es keine plausible Erklärung dafür, warum diese Einschläge vom Chicxulub-Kaliber (oder darüber) offenbar ohne jede Auswirkung auf das Leben geblieben sind. Und darin liegt das Paradox.

    Quellen für Kraterangaben:
    http://adsabs.harvard.edu/abs/1992JGR….9713257S
    http://www.passc.net/EarthImpactDatabase/Namesort.html

  20. Hallo Matthias,
    ich denke Valary hat recht. Du solltest nicht vom größten Krater aus schließen, der kann ein Ausreiser sein. Wie groß sind denn die 10 größten Krater auf der Venus? Das würde mehr aussagen.

  21. Ja, aber es ist nicht unmöglich. Entweder sie sind eingeschlagen, ohne, bis jetzt, sichtbare Spuren zu hinterlassen, oder sie sind nicht eingeschlagen.

    Was ich eigentlich sagen will: Es sollte kein Ereignis ausgeschlossen werden, welches eine geringe Erscheinungswahrscheinlichkeit hat. Oder im Umkehrschluss, kein Ereignis als „hätte eintreffen müssen“ angeben, welches eine hohe Erscheinungswahrscheinlichkeit hat.

  22. Ich würde nicht immer von der statistischen Mitte ausgehen. Beim würfeln mit einem Becher von sechs Würfel, ist es mir, nach dreimaligem würfeln, nicht gelungen eine Zwei zu bekommen, obwohl, statistisch gesehen, drei dabei sein mussten. Es war es einfach nur Glück, denn die statistische Aussage ist kein Muss.

    • Natürlich – bloss muss man die Proportionen richtig auswählen: Ein grosser Einschlag hat etwa eine jährliche Chance von 1:100 Mio. Während 500 Mio Jahren, oder fünf „Erwartungswert-Dauern“ lang nur einen einzigen Einschlag zu erhalten entspricht also etwa 30 Würfen mit einem 6er-Würfel, wobei nur ein einziges Mal eine 6 auftritt. Das ist zwar nicht ausgeschlossen, hat aber eine sehr geringe Eintretenswahrscheinlichkeit.

  23. 5 zu erwartenden Einschläge

    Bei einer Groesse der Statitischen Probe von 5 darf man schon mal
    plus/minus 2 rechnen. Das ergibt 3 bis 7 Einschlaege (Mit Wahrscheinlichkeit: 95%)

  24. Da ist noch nicht alles entdeckt. So wurde 2006 der sogenannte Wilkesland-Krater, ein Krater mit 500 km Durchmesser, in der Antarktis entdeckt. Zeitlich fällt das Ereignis mit dem Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze vor 250 Mill. Jahren zusammen …

    • Der Wilkes Land „Krater“ (über den ich hier auch mal berichtet hatte) ist kein gesicherter Krater (nur aus der Gravitationsanomalie kann man nicht sicher auf einen Krater schliessen), und selbst wenn, seine Zuordnung zur Perm-Trias-Grenze ist mehr oder weniger beliebig: nach seinen „Entdeckern“ muss der Krater (aufgrund von strukturellen Argumenten) jünger als 500 Mio Jahre sein, aber älter als 100 Mio. Es gibt an der Perm-Trias-Grenze auch keine indirekten Anzeichen eines Einschlags, wie z.B. eine Iridium-Anomalie, oder geschockte Quarze, oder Spherulen, wie man das von der Kreide-Paläogen-Grenze (Chicxulub) kennt. Während es sicher wünschenswert wäre, die Gesteine in der betreffenden Gegend mal direkt zu beproben um zu sehen, ob man die typischen Einschlag-Schockeffekte sieht, denke ich nicht, dass man sich da zu grosse Hoffnungen machen sollte, dass es wirklich der gesuchte Krater ist.

  25. @TomTom333: Mit „was ist mit…“ meinte ich natürlich die Auswirkungen der Einschläge, nicht die Krater selbst, wie im letzten Posting schon erklärt.

    @heraklit: Genau, in diese Richtung müssten die Überlegungen gehen. Allerdings dürfte die Sache mit dem Schwefel (und dem resultierenden sauren Regen / der Abkühlung durch die Aerosole) allefalls ein Nebenschauplatz gewesen sein: die Wälder haben weltweit gebrannt (vermutlich durch die Wärmestrahlung der wieder in die Erdatmosphäre eintretenden Trümmer), wie man anhand der Ascheschicht erkennen kann. Ich würde deshalb den Grund für das Aussterbensereignis vor allem darin sehen. Druck- und Flutwelle sind dagegen eher „lokale“ Ereignisse.

  26. Wenn man die Frage stellt, was den Einschlag an der K/T Grenze soviel tödlicher gemacht hat als die hypothetischen vier anderen gleicher oder größerer Größe, ist sicher der beste Weg, welchem Mechanismus das Austerbeereignis zugrunde lag.
    Wenn ich mich nicht irre, fand der Chicxulub-Einschlag in schwefelreichem Gestein statt, eine Hypothese ist, das Sulfataerosole die Erde katastrophal abkühlten, eine Wirkung, die durch gewöhnlichen Silikatstaub vielleicht schwächer war.

    Oder starben die Dinosaurier doch durch die Druckwelle, Flutwellen und Waldbrände?
    Oder die Ascheschicht?
    populärwissenschaftliche Schríften zu diesem Thema legen sich nicht gern fest…

  27. Zitat: Aber was ist mit den anderen ca. drei Chicxulub-grossen Einschlägen (neben Chicxulub)?

    Die sind entweder in einem der Ozeane auf dem Meeresgrund oder längst verwittert. Wie ein Forscher mal so schön sagte: Der Mond und seine Oberfläche sind HEUTE mehr erforscht, als der Atlantik!

  28. Was den einzelnen grossen Einschlag der „Mead-Klasse“ angeht: mag sein: Die Chance, dass ein Ereignis mit einer Eintretenswahrscheinlichkeit von 1:500 Mio pro Jahr in 500 Mio Jahren NICHT eintritt ist etwa 36%. Durchaus möglich also.

    Aber was ist mit den anderen ca. drei Chicxulub-grossen Einschlägen (neben Chicxulub)?

  29. Andersherum gefragt:

    Wir können den Einschlag ja innerhalb der Toleranzen auch auf 800-600 millionen Jahre legen; also im Cryogenium.
    Wäre ein Massenaussterben in dieser Zeit denn nachweisbar?
    Im Gegenteil, könnte ein großer Einschlag zu dieser Zeit nicht erst die folgende Erwärmung und Ausbreitung des Lebens miterklären?

  30. Zitat: „Nein, er wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nachweisbar…“

    und genau darum hast du aus deiner Statistikreihe „nur“ den letzten Sample und kannst für die vorherigen nur extrapolieren.
    Und der Zufall darf meiner Meinung nach hier nicht Unterschätzt werden.

    • Natürlich kann ich die vorherigen nur extrapolieren. Aber wie oben gezeigt, ist die Chance, dass sie einfach nicht stattgefunden haben, nur sehr klein. Die Frage ist: Warum hatten diese Einschläge keine Auswirkung auf das Leben? Warum haben sie keine Massenaussterben ausgelöst, wie Chicxulub?

  31. Nein, er wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nachweisbar (die Chance, dass das „Mead-Gegenstück“ gerade jener Krater ist, der gerade noch auf dem Meeresboden nachweisbar sein sollte, ist 1/5 oder 20%).

    Deshalb ist es nicht so erstaunlich, dass der Krater selbst weg ist, wie oben erwähnt. Erstaunlich bzw. eben „paradox“ ist bloss, dass die Biosphäre bei der Entstehung des 170 km-Chicxulub-Kraters die Dinosaurier in den Orcus geschickt hat, während beim Mead-Gegenstück offenbar nichts geschehen ist.

  32. Mal andersherum gefragt: wäre ein 500 millionen Jahre alter Krater von der Größe Meads auf der Erde überhaupt noch nachweisbar?

    Sollte das Ding auf Ozeanboden aufgeschlagen sein, so sind dessen Spuren ja bereits nach spätestens 200 millionen Jahren getilgt.

    Gruß Alex

  33. Stephen Baxter hat in Manifold 2 /Das Multiverus:Raum einen interessanten Lösungsansatz erdacht:

    Die Krater auf der Venus stammen gar nicht von Meteoriten wie die auf der Erde, sondern von den Bruchstücken des Mondes der Venus, den eine intelligente Spezies vor 800 Millionen Jahren mittels der Rotationsenergie der Venus, die damals der Erde vergleichbar wäre zerstört hat, die Venus verlor ihre Rotation und stellte ihre bis dahin rege tektonische Aktivität ein und wurde zur Treibhaushölle, die wir heute kennen, was den Erbauern nur Recht war,
    denn die Schwefelsäure in der zerstörten Atmosphäre diente ihnen als Grundlage ihres Stoffwechsels, aus den Trümmern des Mondes erbauten sie ihre „Schwefelsäurearchen“, die sich auf den Weg zu den nächsten Sternen machten, während der größte Teil des Mondes auf die Venus stürzte.

    Das ist natürlich fiktional und unüberprüft, aber die grundlegende Idee und Folgerung spricht mich an:
    Statt die Auswirkungen von Einschlägen auf der Erde zu diskutieren, die es gegeben haben sollte, sollte man erkunden ob es sie wirklich gegeben hat, oder weshalb die Erde ein anderer Fall als die Venus sein könnte.

    • Und danach wurde die Venus 800 Millionen Jahre lang von Einschlägen verschont? Wie im Artikel gesagt: was die grossen Krater angeht, entspricht die Grössen / Häufigkeitsverteilung der Krater exakt jener auf anderen Himmelskörpern im Innneren Sonnensystem, wie etwa dem Mars und dem Mond. Das ist keinsfalls trivial: die Kraterverteilung auf den Saturnmonden etwa ist anders, weil die Population von Asteroiden / Kometen, die diese Krater geschaffen hat, eine andere Grössen / Häufigkeitsverteilung hat als die erdnahen Asteroiden. Genauso würde man erwarten, dass ein explodierter Mond eine ganz eigene, typische Grössen / Häufigkeitsverteilung schaffen würde, welche selbstverständlich von der der erdnahen Asteroiden abweichen würde.

  34. Nicht nur Iridium, sondern auch andere Spuren, wie etwa die weltweite Ascheschicht, die beim K/T-Einschlag zu erkennen ist. Aber angesichts der vielen möglichen Ursachen für Massenaussterben kann man genausogut behaupten, dass Einschläge dabei keine Rolle spielten…

    Nun, wenn die Chance auf einen Einschlag 1/100 Mio pro Jahr beträgt, dann ist die Chance, dass sich 500 Mio Jahre lang kein Einschlag ereignet, wohl (99’999’999/100’000’000)^500’000’000 = 0.007, oder nur gerade 7 Promille (für 400 Mio Jahre sind es 2%). Scheint nicht sehr plausibel zu sein, es sei denn, es sei irgendwie WICHTIG für die Entstehung von Beobachtern, dass es in den letzten 500 Mio Jahren keine Einschläge gab – doch dann gab es einen, und der liegt nur 65 Mio Jahre zurück, und wir sind trotzdem da. Daher können wir das, denke ich, ausschliessen.

  35. Wenn ich mir deine Wiki Referenz so durchlese muss man sagen das das mit den Massenausterben alles andere als einfach ist, und diesbezügliche Aussagen alles andre als Gewissheit. Von den Ursachen ganz zu schweigen. Aber wenn es die 5 zu erwartenden gibt…
    4 von 5 Einschlägen auf Meeresboden, bereits subduziert, macht 80 %. Auch das liegt ja Recht nahe an den zu erwartenden 70 %.

    Uns fehlen also nur geologische Nachweise wie Iridium Anomalien.
    Vieleicht muss die Frage lauten warum ein Einschlag im Meer solche nicht hinterlässt.

    Es bleibt noch die Frage wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist dass wir Glück hatten. Liegt sie im ernstzunehmenden Bereich ?

  36. So frühe Massenaussterben lassen sich durchaus nachweisen: http://de.wikipedia.org/wiki/Massenaussterben

    Sogar die Anzahl und das Muster Massenaussterben in den letzten 500 Mio Jahren passt: es waren ungefähr fünf, und eines davon war grösser als jenes, das Chicxlulub verursacht hat. Aber nur eines davon – eben jenes vor 65 Mio Jahren – ist klar mit einem Impakt assoziierbar.

    Aber ja, vielleicht hatten wir auch einfach nur Glück.

  37. Die 5 zu erwartenden Einschläge sind ja nur das statistisch zu erwartende Mittel.
    Wie hoch wäre eigentlich die Wahrscheinlichkeit ein statistischer Ausreißer zu sein und nur einen oder sagen wir zwei Einschläge zu erleben.
    Es dürfen auch drei sein, wenn zwei davon sehr früh in diesem Zeitfenster waren, sagen wir vor 500 und 480 Mio Jahren ins Meer, so dass wir sie geologisch nicht mehr nachweisen können. Eine Austerbenswelle in dieser Zeit dürfte eher schwierig nachweisbar sein und vielleicht war das ausschließlich wassergebundene und eher unspezialisierte Leben dieser Zeit nicht so empfindlich.

    Ich bin nicht in der Lage das auszurechnen, aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für so ein Szenario ? Dem Gefühl nach würde ich sagen es liegt immer noch im 2 stelligen Prozentbereich, wäre also alles andere als sehr ungewöhnlich.

    Vielleicht hatte die Erde einfach Glück. Vielleicht sind wir ja nur deshalb hier 😉

  38. Vielleicht steckt der Fehler in einer der Grundannahmen. Zuletzt hörte ich, daß Zweifel aufkamen daß die Venus ihre Oberfläche periodisch erneuert; so oder so würde es genügen, daß es Gebiete gibt die von einer Lavaüberdeckung verschont blieben – sei sie nun periodisch und massiv oder langsam. Dann kann Mead auch sehr viel älter sein. Ferner erstaunte mich auch daß Du von einem Intervall von 500 Millionen Jahren sprichst; ich habe als Zahl etwa 800 Millionen (+/- 200) im Kopf, was die Rechnung ebenfalls schon etwas relativieren würde.

    Gruß Alex

    • Angesichts der „jungen“ Oberfläche, was die Kraterdichte angeht, gibt es als Alternative nur die Möglichkeit, dass die Erneuerung permanent statt regelmässig geschieht. Die Kraterdichte ist praktisch uniform, und die Verteilung der Krater praktisch zufällig – das bekommt man nur hin, wenn man wirklich die gesamte Oberfläche erneuert – periodisch oder permanent. „Praktisch“ deshalb, weil es Hinweise gibt, dass einige Hochlandgebiete, vor allem jene, die „Rifting“ aufweisen, vielleicht ein klein wenig mehr Krater haben als der Rest der Oberfläche – aber sicher nicht so viele, dass sie als deutlich älter (etwa: Milliarden Jahre) gelten könnten.
      Die 500 Mio im Schnitt stimmen schon, die Schätzungen reichen von 300 bis 800 Mio, wie eine Suche nach „Venus resurfacing“ auf http://www.adsabs.harvard.edu/ zeigt.

  39. Wie gesagt: Die Kraterrückstände, da ist es zu erwarten, dass wir von den 5 grossen Kratern der letzten 500 Mio Jahre nur 1 oder, wenn wir Glück haben, vielleicht 2 an Land finden, und höchstens einen im Meer.

    Trotzdem: Der eine Krater, den wir kennen, hat das zweitgrösste Massenaussterben in der Geschichte des komplexen Lebens ausgelöst, hat Tiergruppen ausgelöscht, die zuvor über Jahrmillionen äusserst erfolgreich waren. Warum sehen wir überhaupt nichts von anderen Einschlägen? Man kann schon sagen, „jaja, das hat irgendwie mit dem Einschlag ins Meer zu tun“ – aber so lange man nicht erklären kann, WIE genau das mit dem Einschlag ins Meer zu tun hat, was der Grund ist, warum solche Einschläge offenbar „ungefährlich“ sind, bleibt es – zumindest für mich – ein Paradoxon.

  40. Du hast recht, ein Paradoxon existiert nur im Kopf und zeigt üblicherweise nur auf dass hier etwas nicht stimmt.
    Ich stelle aber, den höchst persönlichen, Anspruch an ein Paradoxon das es mich zumindest ein wenig erstaunt. So meinte ich das.
    Es erstaunt mich aber eigentlich nicht das zwei Planeten mit so unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften wie Venus und Erde auch unterschiedliche Kraterrückstände aufweisen.
    Das zeigt für mich nur das die 1:1 Übertagbarkeit offenbar nur auf so gut wie atmosphärelose Himmelskörper mit dicker inaktiver Kruste zutrifft, auf die einzig beiden anderen offenbar nicht.
    Eine überschaubare Erkenntnis, aber das Eichhörnchen ernährt sich bekanntlich mühsam. Die Erklärungen wie Krater auf der Erde verschwinden können sind vielfältig. Ob jeder Impakt eine Elemtenanomalie in Ablagerungen hinterlassen muss wissen wir nicht, vorallen nicht wenn der Einschlag im Meer ist. Ob Einschläge so letal für die Biosphäre sind auch nicht. Die Chicxulub Sache könnte auch nur Zufall sein, sie ist jedenfalls nicht mehr als eine vernünftige Annahme.
    Was letztendlich falsch ist wird sich sicher irgendwann herausstellen.

  41. Ich stimme dir zu, dass die Frage, ob es nun einen weiteren Einschlag auf dem Land gab oder nicht, nicht so wichtig ist. Aber die Frage ist: Warum sollten Einschläge auf dem Meer so anders sein? Ja, wir haben das Wasser – aber das macht fast nichts aus. Dass ein Einschlag im Meer einen Flutbasalt auslösen könnte, ist mehr eine „Entschuldigung“, warum man keinen Krater findet, als eine „Entschuldigung“, warum dies keine Auswirkung auf das Leben auf der Erde haben sollte.

    Auswurfmaterial etwa, das mit hoher Geschwindigkeit wieder auf die Erde fällt und weltweit Vegetation in Brand setzen kann, sollte es auch bei einem Einschlag ins Meer geben. Gemessen an unserem heutigen Wissen ist das Fehlen von Auswirkungen von grossen Einschlägen paradox.

    Doch du hast natürlich auch insofern recht, dass eine angeblich paradoxe Beobachtung immer auch fehlendes Wissen impliziert (denn die Natur selbst ist eigentlich nie paradox, höchstens unsere Vorstellung davon). Das ist beim „Fermi-Paradox“ ja auch nicht anders (oder von mir aus beim „Zwillings-Paradox“ für denjenigen, der sich nur oberflächlich mit der Relativitätstheorie befasst hat).

  42. Aber von diesen 5 sollten nur 1 – 2 an Land sein, der Rest im Meer, wo wir nicht wissen wie so ein Impakt verläuft. Wir wissen nur das wir seine Spuren dort nicht ewig sehen wenn überhaupt. Vielleicht sind die Flutlavaergüsse ja eben diese Spuren. Wir wissen es nicht.
    Ich kann kein Paradox erkennen, nur zu wenig Wissen.

  43. Es sollten ja 5 Ereignisse sein, zumindest eines davon deutlich grösser als Chicxulub. Aber wir sehen nur die (direkten und indirekten) Auswirkungen von einem einzigen, eben Chicxulub. Das ist, denke ich, durchaus paradox.

  44. So gut wie alle Einwände die mir beim lesen der ersten 2 Drittel des Berichts einfielen, nennst du im letzten Drittel selbst.

    Ich würde daher sagen das es zu viele Unbekannte gibt, als dass man bei den fehlenden Spuren von 1 oder 2 zu erwartenden Ereignissen in 500 Mio Jahren, von einem Paradox sprechen könnte.

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