Brauchen wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen?

Einhunderttausend Schweizerinnen und Schweizer haben bereits unterschrieben: bis zum August wird noch gesammelt, aber es darf damit gerechnet werden, dass die Initiative zum Bedingungslosen Grundeinkommen Schweiz zustande kommt. Was ist das Bedingungslose Grundeinkommen, und sollten wir es wollen?

Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren noch viel von dieser Initiative hören (auch in anderen Ländern gibt es solche Projekte). Beim Bedingungslosen Grundeinkommen geht es um folgendes: Jeder legale Landesbewohner (Bürger und Niedergelassene) bekommt jeden Monat einen fixen Betrag auf sein Konto überwiesen – ohne jegliche Bedingung, insbesondere ohne Zwang zur Arbeit. Der Betrag – die Initianten der oben erwähnten Initiative schlagen 2500 Schweizer Franken vor, wobei der Betrag nicht in die Verfassung geschrieben, sondern vom Parlament festgelegt werden muss – soll ausreichend sein, um damit einen einfachen Lebensunterhalt zu bestreiten, aber trotzdem hoch genug, um ein Teilnehmen am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ersetzt – bis auf einige Spezialfälle wie schwere Invalidität – alle anderen Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, AHV (Altersrente), Mutterschaftsurlaub (Elternurlaub), Kindergeld etc. Wer arbeitet, bekommt das BGE als Zustupf zum Lohn. Wer seinen Job kündigt, der bekommt weiterhin das BGE – und nur das BGE.

Die erste Reaktion auf diese Idee ist fast immer dieselbe: „Ha, da würde ja niemand mehr arbeiten gehen!“ Scheint ja klar: wenn für mein Einkommen gesorgt ist, warum dann jeden Morgen früh aufstehen, sich durch Berge von Arbeit quälen, die man eh nicht tun will (zumindest für gewisse Menschen ist das so), am Abend erschöpft nach Hause kommen und froh sein, dass man noch schlafen darf bevor man wieder raus muss? Warum denn nicht einfach, sagen wir, ausschlafen, mit Kindern spielen, einen Ausflug machen, ins Kino, und so weiter… Nie mehr arbeiten! Dabei denkt man wohl vor allem an Ferien (Urlaub). Aber genauso wie am Ende einer langen Ferienreise würde sich auch beim „Blau machen dank BGE“ nach spätestens ein, zwei Wochen (bei anderen vielleicht auch erst nach ein, zwei Monaten oder gar ein, zwei Jahren) bei den meisten eine gewisse innere Leere breit machen. Wir geniessen Freizeit vor allem deshalb, weil sie den Kontrast zum Alltag bildet: wir freuen uns vielleicht, nicht denken oder hart körperlich arbeiten zu müssen, weil wir das sonst schon immer tun. Aber wenn Freizeit allzu lange dauert, dann wird daraus vor allem: Langeweile, Leere, Sinnlosigkeit. Arbeit hat in unserem Selbstbild einen hohen Stellenwert: erst durch unsere Arbeit werden wir zu jemandem.  In der Sonne faulenzen, Gamen, Fussball schauen – das kann jeder. Aber unseren Beruf, den kann nicht jeder machen. Unser Beruf definiert uns, er gibt unserer Existenz einen Sinn, macht uns besonders und interessant. Es ist nicht verwunderlich, dass eine der ersten Fragen, die sich zwei Menschen in der Schweiz (oder wohl auch Deutschland, Österreich) stellen, lautet: „Und was machst du so?“ Ich denke deshalb, dass das BGE hier nicht viel ändern würde.Die Menschen werden im Allgemeinen weiterhin arbeiten wollen. Ob sie es in allen Berufen gleich häufig täten, ist eine andere Frage (siehe weiter unten). Ich kann mir aber im Gegenteil sogar vorstellen, dass die Motivation, sich eine für einen selbst passende Arbeit zu suchen, ungleich grösser wäre als im heutigen System. Wer heute arbeitslos wird und, sagen wir, von der Arbeitslosenkasse 3000 CHF bekommt, der wird Null Motivation haben, einen 100%-Job anzunehmen, bei dem er 3000 CHF verdient. Da wartet er lieber, bis was besseres kommt, und lässt sich bis dahin von der Kasse aushalten. Beim BGE hingegen hat man mit jeder Stunde, die man irgendwo, irgendwas arbeitet, am Ende mehr Geld in der Tasche. Ein BGE würde es ermöglichen, unternehmerisch tätig zu werden, ohne Angst haben zu müssen, im Falle des Scheiterns zwischen die Maschen des Sozialsystems zu fallen.

Die zweite Reaktion ist meist auch sehr absehbar: „Aber das können wir doch niemals bezahlen!“ Bei 2500 CHF pro Person und Monat, und 8 Mio Einwohnern sind das pro Jahr 240 Milliarden Franken, rund 36% des Schweizer Bruttoinlandprodukts. Die „Sozialabgabenquote“ in der Schweiz beträgt allerdings bereits heute etwa 28% – würde also das Geld, das heute in ein komplexes System von AHV, IV, Kindergelder, Arbeitslosengelder, private Vorsorgegelder, Ergänzungsleistungen etc. fliesst, in ein BGE umgeleitet, wäre dieses schon fast finanziert. Weiter muss man bedenken: Bereits heute hat jeder ein Einkommen. Ohne Einkommen können wir nicht leben. Menschen arbeiten für ihr Einkommen, oder sie haben einen Ehepartner oder eine Ehepartnerin, oder Eltern die für dieses Einkommen aufkommen. Das so gerechnete, mittlere Einkommen pro Person in der Schweiz liegt weit über den vorgeschlagenen 2500 CHF pro Monat. Das heisst, im Prinzip ist das Geld da – es läuft nur durch andere Kanäle. Ein BGE würde bedeuten, dass der existenzsichernde Teil des Lohnes künftig statt über unzählige private Kanäle über einen einzigen, staatlichen Kanal zu den Empfängerinnen und Empfängern kommt. Man kann sich das mit dem BGE auch so vorstellen: Demnach besteht ein Lohn für eine Arbeit heute implizit aus zwei Teilen: einer Existenzssicherung (das, was etwa Gewerkschaften meinen, wenn sie von existenzsichernden Löhnen sprechen), und einem eigentlichen Lohn für die geleistete Arbeit. Der Unterschied beim BGE ist, dass die Existenzsicherung durch die Gesellschaft (den Staat) übernommen wird, während der Arbeitgeber weiterhin den eigentlichen Lohn für die geleistete Arbeit zahlt – natürlich um den Betrag des BGE reduziert. Da das Einkommen des Arbeitgebers gleich bleibt, kann er es – dank geringerer Lohnsumme – auch verkraften, entsprechend mehr Steuern (seien das nun Gewinn- oder Konsumsteuern) zu bezahlen. Häufig wird vorgeschlagen, die Differenz zwischen dem heutigen Sozialsystem und dem BGE durch eine Konsumsteuer zu begleichen. Nun könnte man hier einwenden, dass Konsumsteuern „unfair“ seien, weil sie vorwiegend jene treffen, die all ihren Lohn verkonsumieren und nichts zur Seite legen können. Anderseits ist es ja beim BGE so, dass der zu verkonsumierende Teil des Einkommens ohnehin durch das BGE gestellt wird. Je weniger jemand verdient, desto grösser ist der Anteil des BGEs am Einkommen, und desto kleiner ist der Anteil, der durch eigene Leistung zustande gekommen ist. Eine Konsumsteuer würde also den geringsten Einkommen wohl am wenigsten weh tun (eher, wenn schon, den mittleren). Eine andere Art von denkbarer Konsumsteuer wäre eine auf fossile Energieträger.

Eine weitere Frage, die oft auftaucht: „Ja wer würde dann die ganze Drecksarbeit machen?“ Damit sind Arbeiten gemeint, für die man sich als Aussenstehender nicht vorstellen kann, dass sie viel Spass machen: Müll sammeln, im Call-Center Leuten Produkte aufschwatzen, Kanalisationen reinigen und solche Dinge. Man müsste sich hier mal fragen: warum sollte überhaupt jemand „Drecksarbeit“ machen müssen? Müssen wir Menschen wirklich mit Armut drohen, damit diese Arbeiten gemacht werden? Ich vermute, dass hier mit einem BGE folgendes geschehen würde: Zunächst einmal würden vielleicht schon gewisse ihre Arbeit niederlegen. Aber das Bedürfnis für diese Arbeiten würde nicht zurückgehen: Müll muss immer noch gesammelt werden, Produkte verkaufen sich nicht von allein und die Kanalisation reinigt sich auch nicht von selbst. Was wäre die Folge? Die Löhne für diese Arbeiten müssten angehoben werden. Die Arbeit würde teurer, und man würde mit mehr Motivation nach Möglichkeiten suchen, diese Arbeiten zu optimieren oder zu automatisieren. Und schliesslich kann ich mir auch vorstellen, dass es mit dem BGE mehr „Temporär-“ oder „Gelegenheitsarbeiter“ geben würde: „Einmal in der Woche den Müll einsammeln? Warum nicht! Das ist ein wunderbarer Ausgleich zur Arbeit in der Verwaltung!“ (oder so)

Ist also alles gut? Das BGE die perfekte Lösung, die wir sofort umsetzen sollten? Ich bin mir da noch nicht so sicher. Grundsätzlich gefällt mir die Vorstellung, die Existenzssicherung von der Entlöhnung für geleistete Arbeit zu lösen. Vor langer Zeit einmal konnte jeder sein „Grundeinkommen“ aus der Natur beziehen: Das Wasser aus Bächen trinken, Tiere im Wald jagen, Beeren und Pilze sammeln, etc. Und das ist (bzw., war) überraschend effizient: Der Alltag von solchen Jäger- und Sammlerkulturen ist sehr viel stärker von Müssiggang und Entspannung geprägt als man sich das so gemeinhin vorstellt. In unserer Zivilisation ist das so nicht mehr möglich: unsere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben lässt sich (für die meisten Menschen) nicht mit ein paar Stunden Arbeit pro Tag finanzieren, sondern erfordert deutlich mehr: nicht nur 42 Stunden Arbeit pro Woche, sondern auch jahrelange Ausbildung, lebenslange Fortbildung. Kinder und ihre Bedürfnisse wollen versorgt werden, und ab und zu will man vielleicht auch noch was von der Welt sehen. Ist die Sorge um die Existenzsicherung erst einmal weg, weiss man, dass man nun für jede Stunde, die man arbeitet, etwas mehr Geld in der Tasche hat, um damit die eigenen Ziele zu verfolgen. Man kann sich nun darauf konzentrieren, was man mit seiner Zeit hier auf der Erde wohl am besten anfangen soll. Was macht mir Spass? Worin bin ich gut? Wie kann ich mein Einkommen über das BGE hinaus steigern? Doch hier kommt auch das Problem: das, was den Menschen Spass macht, ist ja vielleicht nicht unbedingt das, was hilft, die Produktivität der Gesellschaft weiterhin hoch zu halten und damit das BGE zu finanzieren. Wenn jede und jeder plötzlich den langgehegten Traum von der Malerei, der Dichterei oder der Theaterspielerei verwirklicht, dann ist das zwar schön und gut für jene, die sich das gerne ansehen und anhören wollen – aber hilft das, Einnahmen zu generieren, aus denen sich das BGE finanzieren lässt? Lohnarbeit hat immerhin den Vorteil, dass sie ganz klar auf das ausgerichtet ist, was Einkommen (und damit Steuern, und damit Geld für das BGE und anderes) generiert. Wenn Mitarbeiter mit jahrzehntelanger Erfahrung plötzlich kündigen, um sich mit einer Computerspielfirma selbstständig machen – wird dann nicht mehr Produktivität vernichtet als geschaffen? Sicher, wenn plötzlich alle Menschen in Berufe wechseln, die ihnen Spass machen, dann sind sie auch besser in diesen Berufen. Aber reicht das, um die Verluste wettzumachen, die entstehen müssen, weil die spassigsten Berufe nicht zwingend auch die profitabelsten (aus Sicht des Staates) sind? Ich will das keineswegs ausschliessen – ich halte es für denkbar, dass ein BGE zu einem starken Anstieg der Wirtschaftsleistung führen könnte, eben weil nun jeder alles ausprobieren könnte – auch Dinge, die er oder sie sich sonst nie getraut hätte. Aber genauso halte ich es für denkbar, dass wir uns mit dem BGE in eine langsame Abwärtsspirale begeben würden: weil immer weniger Einkommen generiert wird, fällt das BGE gezwungenermassen immer tiefer aus, bis seine existenzsichernde Wirkung verloren geht und wir wieder fast am gleichen Ort stehen wie heute – bloss ärmer.

Die Frage ist dann – wie können wir herausfinden, welches der beiden Szenarien eher zutrifft? Wenigstens ist die Antwort darauf einfach: durch Ausprobieren! Tatsächlich haben einige Länder damit begonnen, so etwas wie ein BGE zu verwirklichen: Brasilien etwa hat das sogenannte „Bolsa Familia„-Programm, bei dem die Ärmsten bedingungslose, regelmässige Zahlungen erhalten. Das hat bisher auf jeden Fall nicht zu weit verbreiteter Faulheit und Verwahrlosung geführt, ganz im Gegenteil (Details im Link). In Namibia gab es einen eher undurchsichtigen privaten Versuch mit einem Grundeinkommen in einer Region, was viele positive Auswirkungen hatte, aber auch zu einer massiven Migration in die betreffende Region führte. Es stellt sich aber natürlich auch die Frage, inwiefern sich solche Ergebnisse auf westliche Gesellschaften übertragen lassen. Es gibt natürlich auch eine Menge weiterer Fragen, die sich stellen: Wie viel sollen Kinder bekommen? Ab wann? Bekommen alle Geld, die in der Schweiz wohnen, oder darf man sich mit dem Geld auch ins Ausland absetzen (wo die Kaufkraft ungleich grösser ist)? Wird ein solches Modell nicht zu einem gewaltigen Zustrom von Migranten führen? Gibt es noch prüfenswerte Alternativen? (z.B. die „negative Einkommenssteuer“ – wenn man weniger verdient als einen bestimmten Freibetrag, bekommt man Steuern „ausbezahlt“)

Mein Vorschlag wäre, ein solches Projekt langsam und vorsichtig anzupacken, und zwar „von  unten“ her. Man könnte auf dem Ökosteuer-Topf aufbauen: schon heute werden die Ökosteuern via Giesskanne (bisher: über eine Reduktion der Krankenversicherungsbeiträge) an die gesamte Bevölkerung verteilt (gegenwärtig ein paar Franken pro Monat). In einem nächsten Schritt könnte man z.B. damit beginnen, eine Steuer auf alle fossilen Energieträger auf diese Weise zu verteilen. Als nächstes könnte eine Reduktion aller Renten folgen, die durch einen Anstieg der Beiträge aus diesem Umverteilungstopf kompensiert wird. Diese monatlichen Ausschüttungen werden bei Menschen mit geringem Einkommen schon relativ bald zu spürbaren Effekten führen – dann wird es interessant, zu verfolgen, welche Dynamik sich daraus ergibt: was tun die Menschen in den untersten Einkommensschichten? Für das BGE werden 2500 Franken pro Monat vorgeschlagen wurden, doch es ist sicher grundsätzlich auch möglich, von 1000 oder 1500 Franken zu leben. Ab wann kommt Bewegung in die Sache? In welche Richtung geht sie? Geht sie in die falsche Richtung, kann man das Experiment jederzeit abbrechen. Aber entwickelt sie sich in die positive Richtung, würde die Schweiz für einmal zum europäischen Vorbild: Sozialpolitische Avantgarde, herbeigeführt durch ein Instrument der direkten Demokratie. Das würde ich gerne sehen.

Kleine Auswahl von weiterführenden Links zum Thema:

Grundeinkommen.ch
Netzwerk Grundeinkommen
Diskussion auf YouTube zum Thema
Interview in der „Zeit“
Wikipedia: Bedingungsloses Grundeinkommen

19 Kommentare

  1. „“Es würde keiner arbeiten, weil ja keiner arbeiten müssten.” ist falsch. Auch heute muss z.B. in Deutschland keiner arbeiten, weil es eben Hartz4 gibt.“
    Nein, Hartz 4 ist eben nicht bedingungslos. Wer sich weigert, eine Arbeit anzunehmen, bekommt weniger oder gar kein ALG 2 mehr.

    „Durch das BGE hat ein Arbeitnehmer mehr Geld zur Verfügung und kann es leichter verkraften, wenn er für die Müllabfuhr mehr bezahlen muss. “
    Geld aus dem Nichts gibt es nicht. Irgendjemand muss für die hohen BGE-Kosten zahlen, etwa durch höhere Steuern.
    ———————

    Zumindest für Deutschland verstehe ich nicht, wieso man über das BGE diskutiert und nicht erstmal den viel weniger radikalen Schritt vorschlägt, das Existenzminimum sozialabgabenfrei zu stellen. Wer z.B. 850 Euro brutto verdient, zahlt (zusammen mit dem Arbeitgeber) die vollen 40% Sozialabgaben (und hat dadurch netto weniger als ein ALG2-Empfänger zur Verfügung), obwohl er meist überhaupt nicht von der Renten- und Arbeitslosenversicherung profitieren kann (da ALG und Rente für ihn unter Hartz4-Niveau liegen).

  2. Einige Menschen würde durch das Bedingungslose Grundeinkommen endlich wieder an Lebensqualität gewinnen, was aktuell nicht der Fall ist und das würde aus meiner Sicher schon dafür sprechen.

  3. Hallo, schöner Artikel und ich stimme auch fast allem zu. Ein Punkt dafür würde ich gerne noch hinzufügen. Die Kriminalität würde wahrscheinlich auch sehr rapide fallen, immerhin könnte man dann die meisten Verbrechen die Geld als Motivation haben ausschließen.

    Gruß

  4. Vor vielen Jahren kam mir dieser Gedanke mit dem BGE auch schon. Allerdings hatte ich dafür noch keinen Namen, ich hatte mir geringere Beträge vorgestellt und keiner hielt die Idee für sinnvoll. Ich hatte mir auch nicht genau überlegt, wie das BGE finanziert werden sollte.

    „Es würde keiner arbeiten, weil ja keiner arbeiten müssten.“ ist falsch. Auch heute muss z.B. in Deutschland keiner arbeiten, weil es eben Hartz4 gibt. (Bitte nicht darauf verweisen, dass wenn keiner mehr arbeitet,…) Trotzdem arbeiten die Menschen. Es arbeiten auch die, die Hartz4 bekommen, obwohl der grösste Teil ihres Lohnes durch die Kürzung der Hartz4 Leistungen „verloren“ geht.

    Der Betrag, den jeder bekommt, müsste für eine einzelne Person nicht unbedingt reichen, um alleine eine Wohnung zu bewohnen, was auch nicht unbedingt das beste für die Umwelt ist. WG für Singles sind durchaus sinnvoll.

    Durch das BGE wird jede Gelegenheitsarbeit willkommen sein.
    Viele würden weiterhin noch ihre gewohnte Arbeit verrichten. Es wäre aber möglich, seinen Posten am Fließband mit anderen zu teilen. Anstelle von ca. 30 Tagen Urlaub würde man längere Zeit Urlaub machen können und müsste nicht ganz auf das Zusatzeinkommen durch die Arbeit verzichten. Somit hätten mehr Menschen eine Arbeit und zugleich auch entsprechend Freizeit.

    Durch das BGE hat ein Arbeitnehmer mehr Geld zur Verfügung und kann es leichter verkraften, wenn er für die Müllabfuhr mehr bezahlen muss. Die „Drecksarbeit“ wird attraktiver und dient mehr dem Zweck, sich Wünsche zu erfüllen.

    Jeder würde mehr Geld ausgeben können und würde z.B. durch mehr Kauf auch mehr Mehrwertsteuern bezahlen, die in Deutschland bei 19% liegt und auch damit die Produktion ankurbeln. Auf diese Weise wird auch der Binnenmarkt für die Wirtschaft noch viel wichtiger und man ist weniger von der wirtschaftlichen Fehlstellung in anderen Ländern bedroht.

  5. By thomas ahrendt, 17. August 2013 @ 20:03

    „Hallo Bynaus

    lassen wir uns das Konzept des BGE nicht von “Realisten” zerreden, probieren wir´s lieber aus!! Je eher desto besser!!

    VG Thomas“

    Hallo Thomas,

    ich stimme dir zu.

    Als ich in einem anderen Forum ein Bedingungsloses Grundeinkommen UND ein Zukunftsinvestitionsprogramm vorschlug, kamen 3, 4 dieser „Realisten“ und wollten den Vorschlag des Grundeinkommens abwürgen. Komischerweise fragte keiner von denen, was ich mir unter einem Zukunftsinvestitionsprogramm vorstellte.

    Ich will mit dem BGE keine lebensuntüchtigen Couch-Potatoes züchten – das hat in Deutschland schon Hartz IV – besorgt -, sondern Verkurstungen in den Köpfen und in der Arbeitswelt aufbrechen. Das BGE soll Grundlage dafür sein, dass die Menschen ihr Leben selbst und in eigener Verantwortung gestalen können. Vielleicht gibt es dann auch mal harte Worte oder sie gehen selbst mit sich ins Gericht, wenn sie das nicht auf die Reihe kriegen. Bei manchen Millionären, die vor dem Kadi zitiert werden, weil sie zu blöd sind, ihren Steuerberater eine korrekte Einkommenssteuererklärung machen zu lassen, ist es mit der Lebenstüchtigkeit auch nicht weit her.

    Ich will kein BGE, um die Gesellschaft dahindämmern zu lassen – das tut sie schon jetzt. Ich will das BGE als Neustart und Aufbruch, nachdem Erwerbsarbeit aufgrund von Rationalisierung und Verlagerung in „Billiglohnländer“ ihren ordnenden und sinnstiftenden Charakter für viele, ja sogar die Mehrheit verloren hat.

    Aber ich habe das Gefühl, unsere „Realisten“, die so gern über ihre Mitmenschen herziehen, uns Lebensuntüchtigkeit unterstellen und Drogensüchtige für Norm und Maßstab halten, wollen es nicht anders als es jetzt ist. Länder wie China und Bangla Desh als globale Arbeitslager und im Westen nach dem Wegbrechen der Erwerbsarbeit ein Heer von Tagelöhnern in nutzlosen Dienstleistungen und Pfründenbezieher in aufgeblähten und schädlichen staatlichen und privatwirtschaftlichen Bürokratien.

  6. Hallo Fred, Danke für deinen Beitrag. Nun ist es jedoch so, dass schon heute Staaten über Steuern für ihr Einkommen sorgen und diese nach ihren Bedürfnissen, und – zumindest in demokratischen Gesellschaften – zum Gemeinwohl einsetzen. Es gibt schon heute einen „Zwang, für den Lebensunterhalt eines anderen arbeiten zu müssen“, siehe etwa obligatorischen Einzahlungen, die Arbeitende in die Altersvorsorgeversicherungen, Invalidenvesicherungen, Arbeitslosenversicherungen, Unfallversicherungen etc. leisten müssen. Das Bedingungslose Grundeinkommen ändert nichts an diesem Prinzip, es verteilt diese Gelder nur auf andere Weise und streut sie breiter.
    Man darf auch nicht vergessen, dass ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung eines Landes in der Regel einen Grossteil des Steueraufkommens ausmacht, dh, die meisten Einwohner beziehen bereits heute mehr Leistungen vom Staat als sie dafür bezahlen.

  7. Das BGE ist ein völlig unmoralisches Konzept.

    Es wird durch Steuern finanziert, die ja bekanntlich nicht freiwillig gezahlt werden. Es wird Menschen geben müssen, die mehr Steuern zahlen, als sie über das Grundeinkommen ausgezahlt bekommen.

    Drum frage ich: Wenn schon von Zwang die Rede ist, wenn Menschen für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen, muss es dann nicht erst recht Zwang sein für den Lebensunterhalt eines anderen arbeiten zu müssen? Denn fest steht: Gearbeitet werden muss immer, unsere Existenz ist abhängig von Arbeit und den dadurch geschaffenen Ressourcen, wie Nahrung, Wohnraum etc.

    Die Frage ist nur, ob ich mir diese Ressourcen durch Zwang aneigne (Steuern), selbst erarbeite, oder durch freiwillige Übereinkunft (Familie, Freunde oder Verträge).

    Niemand würde es akzeptieren, wenn ich meinen Nachbarn jeden Monat um 2000 CHF berauben würde und mich auf mein Recht auf Faulheit berufen würde. Jeder Mafiosi könnte das. Aber wenn ich das über den Staat tue ist das in Ordnung oder was.

  8. Hallo Bynaus

    lassen wir uns das Konzept des BGE nicht von „Realisten“ zerreden, probieren wir´s lieber aus!! Je eher desto besser!!

    VG Thomas

  9. Ja, wir brauchen ein bedingungsloses Grundeinkommen.

    Zuerst zu den Gründen, die angeblich GEGEN ein Grundeinkommen sprechen:

    – die Menschen würden nicht mehr arbeiten wollen
    – die Menschen wüssten nichts mit ihrem Leben anzufangen
    – die Menschen würden dumm, faul und aggressiv werden, weil sie sich nicht mehr um ihren Lebensunterhalt kümmern müssten
    – die Menschen würden sich keine Ziele mehr für ihr Leben setzen, weil für alles gesorgt ist
    – die Menschen würden nichts mehr lernen und keine Ausbildung mehr machen, weil sie dass nicht müssten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten
    – die Menschen würden beziehungsunfähig und lebensuntüchtig werden, weil ohne eigene Anstrengung für sie gesorgt ist

    All diese Zustände haben wir aber jetzt OHNE Grundeinkommen:

    – die Menschen hassen die Arbeit, weil sie zum Arbeiten gezwungen werden
    – Politiker, Wirtschaftsführer und Manager sind selbst der Meinung, dass Arbeit Scheiße ist, zu der sie die einfachen Menschen zwingen müssen
    – die Menschen sind aggressiv und intrigant, weil der „Kampf ums Überleben“ sie dazu zwingt
    – 50 bis 80 Prozent der Tätigkeiten im Erwerbsleben sind nutzlos und werden nur verrichtet, um Geld zu verdienen
    – die 20 bis 50 Prozent Erwerbstätigen, die nützliche Arbeiten verrichten, werden oft wie Dreck behandelt. Die Verkäuferin an der Kasse und die Textilarbeiterin in Bangla Desh machen nützliche Arbeiten. Sie werden aber wengier geachtet und viel schlechter bezahlt als die Politikerin, die ihre Doktorarbeit abgeschrieben hat und der Politiker, der nun wegen Kriegsverbrechen vor den Kadi gezerrt wird.
    – viele Menschen können keine Familie gründen, weil sie nicht wissen, wie sie ihre Kinder aus eigener Kraft ernähren können. Wenn sie erwerbstätig sind, haben sie nicht genug Zeit für ihre Kinder und verdienen nicht genüg für ihren Lebensunterhalt.
    – patriarchale Strukturen, der Einfluss von Familienclans und Netzwerken, deren Angehörige aus ökonomischen Gründen aneinander kleben, korrumpieren und zersetzen die Gesellschaft
    – Erwerbsarbeit und Arbeitsmarkt funktionieren nicht, weil es stets mehr Menschen gibt, die Arbeit suchen als es Arbeitplätze gibt
    – der Wert einer Arbeit wird danac h gemessen, wie viel Geld jemand mit ihr verdient. Nach dem wirklichen Nutzen für die Gesellschaft und andere Menschen fragt keiner
    – in Gegenwart und Zukunft übernehmen Maschinen immer mehr Tätigkeiten. Rationalisierung macht viele Arbeitskräfte überflüssig und sie werden auch keine Erwerbstätigkeit mehr finden

    So stehen iwr vor der Situation, dass alles, was angeblich gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen spricht, jetzt schon eingetreten ist. Mit einem Grundeinkommen kann es nur noch besser werden:

    – das Sozialsystem wird entbürokratisiert, statt 167 Transferleistungen gibt es nur noch eine
    – entwürdigende Abhängigkeitsverhältnisse werden aufgebrochen
    – Erwerbstätige, denen 40 Stunden die Woche zu viel sind, können auf Teilzeit gehen
    – auf dem Arbeitsmarkt und im Erwerbsleben tummeln sich nur noch die Leute, die das gerne machen und für die es Sinn macht. Menschen, die zur Arbeit gezwungen werden und dementsprechend unmotiviert und lustlos zu Werke gehen, verschonen uns dann
    – Menschen in kreativen Berufen sind nicht mehr gezwungen, ihre Werke zu Geld zu machen oder einem „Brotberuf“ nachzugehen, oder nur zum Gelderwerb ungeliebte Projekte zu machen. Kreativlinge können sich ohne ökonomischem Druck dem widmen, was sie wirklich tun wollen.
    – Tätigkeiten außerhalb des Erwerbslebens – etwa Kindererziehung – werden aufgewertet und auch bezahlt
    – wer das Menschenrecht auf Faulheit in Anspruch nimmt, kann das in Zukunft auf seinem Sofa machen und muss sich nicht mehr zur Tarnung einen Job suchen, in denen er oder sie allen auf die Nerven geht

  10. Ein Punkt der für mich für ein Grundeinkommen spricht ist der technologische Fortschritt. Im Moment ist dieser vielleicht noch nicht so weit, dass wir alle durch Maschinen ersetzt werden, aber schon jetzt gibt es Menschen, die auf dem freien Markt für ihr Angebot (ihre Arbeitskraft) keinen vernünftigen Gegenwert mehr erhalten. Ich bin fest davon überzeugt, dass die „Fähigkeitslevel“ das man benötigt, um einen Job zu bekommen, in Zukunft immer mehr steigen wird. Irgendwann wird kein Mensch mehr auf dem Arbeitsmarkt seine Leistung anbieten können, die nicht von einer Maschine besser und günstiger gemacht werden kann. Oder zumindest wird es nur sehr wenige Menschen geben, die das können. Und die Menschen, die es nicht mehr können, werden durch die anderen versorgt werden müssen, denn sie haben nichts mehr zum handeln.
    Auch wenn es sicherlich noch eine Weile dauert bis Maschinen den Großteil der Menschen am Arbeitsplatz ersetzt hat macht es dennoch Sinn, sich jetzt schon mit möglichen Lösungen auseinanderzusetzen.

  11. Ich denke, dieses Thema ist so komplex, dass man es ohne einen praktischen Versuch eigentlich nicht besser wissen kann. Aber selbst in einem praktischen Versuch kann man die Ursache des Erfolges oder das Scheitern nie exakt festmachen, nicht mal, ob eine Alternative nicht doch besser wäre.
    Damit wäre vielleicht schon alles gesagt, aber ich habe weiterhin den Drang, noch etwas mitzuteilen, das vielleicht niemanden interessiert, vielleicht aber ja doch:
    Sich über seine Arbeit zu definieren, Stolz auf seine unersetzliche ökonomische Funktion zu sein und dergleichen sind im Grunde genommen, zumindest soweit ich das überblicken kann, keine menschlichen Konstanten. Jedenfalls nicht in heutiger Form.
    Diese Gefühle kamen wohl zuerst bei einigen Handwerkern in Städten auf, weshalb sich diese Arbeiter schon relativ früh in gewerkschaftsartigen Organisationen wie Zünften oder „Bauhütten“ vereinten.
    Das sind ja auch teilweise wirklich Tätigkeiten, die unersetzlich sind und die kein anderer übernehmen könnte.
    Vielleicht kommt noch der Dorfarzt oder Stadtphysicus hinzu.

    In anderen gesellschaftlichen Gruppen sieht es mit diesem Bewusstsein vielleicht schon deutlich anders aus: Adlige z. B. sahen es, so habe ich einmal gelesen, als selbstverständlich an, dass man seiner Arbeit gewissermaßen „ehrenamtlich“ nachging und sich selbst wenn das nicht möglich war nicht über seinen Beruf definierte. In stark durch Adel dominierten Staatsformen ist es daher üblich gewesen, dass man für hohe politische Ämter eben keinen Sold erhielt oder nur relativ geringen.
    Auf der anderen Seite stehen natürlich Bauern, Landarbeiter, allgemein ungelehrte usw., ich denke auch nicht, dass diese sich unbedingt über ihrenBeruf definieren. Der Bauer definiert sich über sein Land (sofern er welches besitzt) und die Arbeiter definierten sich wohl auch anders.
    Das merkt man schon daran, dass „Müller“, „Schmidt“ oder „Baumeister“ etc.pp. als Nachname viel verbreiteter sind als „Bauer“ und ähnliches.

    Dieses Berufsethos, wie wir es heute haben, entstand in dieser Form vielleicht erst im Laufe der Entwicklung vom dem, was wir heute Kapitalismus nennen. Und es kann natürlich auch wieder verschwinden.

  12. Hallo UMa – ja, im Monat. Das Preisniveau in der Schweiz ist deutlich höher (zur Zeit 1 CHF = 0.5 Euro wenn sowohl Preisniveau als auch Wechselkurs berücksichtigt werden, dh, 2500 CHF in der Schweiz entsprechen der Kaufkraft von 1250 Euro in Deutschland), entsprechend höher ist das BGE. Aber wie gesagt, auch mir scheinen 2500 CHF/Monat zu hoch. Man müsste tiefer ansetzen und dann schauen, was die Leute damit tun.

  13. Hallo Bynaus,

    2500 Franken, im Monat! Nicht im Jahr, im Monat!
    Das sind 30000 Franken im Jahr oder 25000 Euro. Pro Kopf.
    Das ist mehr als das Volkseinkommen (laut Wiki Summe der: Erwerbs- und Vermögenseinkommen, wie Löhne, Gehälter, Mieten, Zinsen, Pachten und Gewinne der Unternehmen.) in Deutschland. Fast so viel wie das BIP. Und dann auch noch Netto.
    Hier mal zum Vergleich die Einkommen in Deutschland von 2011
    https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/EinkommenEinnahmenAusgaben/Tabellen/Haushaltsgroesse.html
    Die Durchschnittsrente liegt in Deutschland bei ca. 750 Euro, die ca. 1200 Euro sind die Eckrente(Standardrente) die jemand, der hypothetischerweise 45 Jahre voll gearbeitet hat, bekäme.

  14. Die vulgär-neoliberal-rechtspopulistische Stammtisch-Variante zu diesem Problem sieht (in Deutschland) so aus:

    Durch Hartz IV in der ursprünglichen Fassung (345 bzw. jetzt 359 Euro) gerieten die Löhne in den unteren Einkommensgruppen massiv unter Druck, also wurde das Lohnabstandsgebot verletzt. Folglich muss Hartz IV gesenkt werden…

    Das ALG II wird auf 250 Euro gesenkt. Das reicht zwar gerade eben noch zum Leben, aber nur, wenn der Hartzer Telefon und Internet abmeldet. Stellt sich nur die Frage, wie er dann noch die geforderten Bewerbungen, die Job-Recherche erledigen soll… vom alten Satz war es (bei disziplinierter Haushaltsführung!) noch möglich, für Reparaturen und Neuanschaffungen von verschlissenen Haushaltsgeräten zu sparen, bei 250 Euro im Monat geht das nicht mehr. Wenn die Waschmaschine kaputt geht, bleibt fürs Essen nur noch die Tafel… und dort gehen dann auch immer öfter Bedürftige leer aus, weil das Spendenaufkommen mit dem zunehmenden Andrang auf kostenlose Lebensmittel nicht mehr Schritt hält. Auch die Löhne fallen entsprechend weiter, denn wieso sollte ein Arbeitgeber
    einem gering bis durchschnittlich Qualifizierten mehr zahlen als fürs
    nackte Überleben umittelbar erforderlich ist? Immer häufiger hört man
    von FInanzbuchhaltern oder Programmierern, die für 60 Wochenstunden mit 500 Euro brutto im Monat abgespeist werden (»Sie können doch Hartz IV beantragen! Wieso gehen Sie nicht nach Indien?« etc.)

    Der Politik passt das gar nicht – schon wieder wird das
    Lohnabstandsgebot verletzt!

    Also wird das ALG II auf 150 Euro im Monat gesenkt, die Wohnkostenübernahme auf 150 Euro gedeckelt, gleichzeitig treten
    »großzügige« Zuverdienstregelungen in Kraft: ab 500 Euro dürfen 80 %
    behalten werden, darunter wird allerdings alles angerechnet. Das wäre
    doch gelacht, wenn wir dieses verwahrloste Pack nicht ans Arbeiten bekämen!

    Vier- und fünfköpfige Familien und improvisierte Zwangs-WGs drängen sich jetzt in zwergigen Einzimmer-Wohnklos, die Ernährung besteht nur noch aus Billigkonserven, Strom wird tage- und wochenlang gesperrt, desgleichen Heizung. Da der Markt für billigen Wohnraum schon längst leergefegt ist, klettern die Obdachlosenzahlen im Laufe des Jahres 2011 über die 2-Millionen-Marke. Im Januar 2013 fallen in weiten Teilen Deutschlands die Temperaturen tagelang unter -25°C…
    Vergessen geglaubte Infektionskrankheiten breiten sich in den
    überfüllten Armenquartieren aus, Tuberkulose, Typhus, Ruhr. Da
    inzwischen jeder Arztbesuch 10 Euro kostet, hält der Tod unter den
    Hartzern und Billigstlöhnern reiche Ernte.

    Ein Lehrer an einer öffentlichen Schule (den wenigen, die es noch gibt) bezieht ein fürstliches Gehalt von 250 Euro (brutto) im Monat. Der Autoverkehr in den Städten hat deutlich nachgelassen, immer häufiger trifft man auf halb ausgeschlachtete Wracks von Mittelklassewagen. Der Anblick zerlumpter, zu Skeletten abgemagerter Elendsgestalten, die im Müll der Oberschichtviertel nach Essbarem suchen, und halbnackter, blaugefrorener Kinder, die sterbend auf den Bürgersteigen liegen gehört längst zum Alltag. Gerüchte über erste Fälle von Kannibalismus machen die Runde.

    Die Bewohner der wenigen noch wohlhabenden Gegenden wehren sich gegen
    die verzweifelten Überlebensversuche der Armen, in dem sie Milizen und Todesschwadrone organisieren, die nun beginnen, eine Blutspur durch die Elendsviertel zu ziehen. In Städten mit hohem muslimischem
    Bevölkerungsanteil nimmt man den lautlosen Vernichtungskrieg der
    Regierung gegen die eigene Bevölkerung nicht klaglos hin, dort kommt es zunehmend nicht bloß zu gut organisierten Plünderungen von
    Einkaufszentren, sondern auch zu Bombenanschlägen auf Polizeiwachen und Behörden. Die Regierung zieht Spezialeinheiten der Bundeswehr aus
    Afghanistan ab, um sie gegen die Aufständischen in Berlin-Kreuzberg,
    -Neukölln und -Moabit einzusetzen. In zweiwöchigen Kämpfen kommen dabei rund 800 Menschen ums Leben.

    Ungeachtet dessen findet man im Rat der Wirtschaftsweisen wie auch im
    Bundessozialministerium, dass der Abstand zwischen der Höhe der
    Sozialleistungen und den niedrigsten Löhnen immer noch zu klein ist.
    Das ALG II wird daher auf 0 Euro/Monat reduziert…

    Parallel dazu beginnt die Internierung der Arbeitslosen und ihrer Familien in militärisch abgeriegelten Hungerghettos nach NS-Vorbild, bald darauf (nach Errichtung der entsprechenden Infrastruktur) deren sukzessive Deportation (teilweise unter Vorspiegelung von Erholungsaufenthalten) in sogenannte Standortoptimierungscenter, in denen die Arbeitslosen auf schiere Biomasse reduziert zu Humaneiweiß-Komprimat verarbeitet werden (siehe auch http://peak-oil-forum.de/phpBB2/viewtopic.php?p=84871&sid=354d6d2d20676ed49f75453b3c65933c, zweiten Beitrag von mir)…

    Nachdem auf diese Weise das wirtschaftlich überflüssige Drittel der Bevölkerung beseitigt worden ist, stellen die Ökonomen fest, dass nunmehr beträchtliche Überkapazitäten in Produktion und Dienstleistungen bestehen… die nicht mehr benötigten Arbeitskräfte machen wiederum ein Drittel der noch vorhandenen Bevölkerung aus! Folglich geht der „Prolocaust“ in eine zweite Runde… und eine dritte und eine vierte und eine fünfte, bis die Bevölkerung Deutschlands (oder eines beliebigen anderen Erste-Welt-Landes mit neoliberaler Doktrin) unter die für die Aufrechterhaltung einer modernen Zivilisation nötigen Mindestzahl geschrumpft ist… für die Überlebenden kann zwar von Wohlstand und Prosperität nicht mehr die Rede sein, aber wenigstens wurde die Lufthoheit über den Stammtischen gewahrt, ist doch auch schon was!

  15. @ choeger
    „Schlimmer noch, wird nicht das Volks sich (wie z.Z. unsere Abgeordneten) in schöner Regelmäßigkeit mehr und mehr Einkommen garantieren? Wie stellt man sicher, dass nicht am Ende das BGE komplett wertlos und die Wirtschaft komplett zusammengebrochen ist?“
    Das läßt sich vermutlich verhindern, indem man die Höhe des BGE an das reale Wachstum des BIP koppelt, also bei Rezession entsprechend auch senkt. Eine alternative wäre auch, die Umsatzsteuer um die benötigte Rate zu erhöhen und das BGE direkt an diese Einnahmen zu koppeln. Die Höhe des BGE müsste wohl auch im GG verankert werden damit Politiker nicht zu Wahlgeschenken verleitet würden.
    Auch Inflationierung würde meiner Einsicht nach damit verhindert werden, da kein zusätzliches Geld in Umlauf gebracht würde weil die USt. bekanntlich aus bereits erbrachter Wirtschaftlicher Leistung generiert wird.
    Natürlich muss in diesem Fall die (einmalige) Preissteigerung die durch die Steuererhöhung erzeugt wird bei der Festlegung des BGE berücksichtigen, sowie die (wahrscheinliche) Preissenkung, die sich durch Verringerung der Lohnkosten ergibt.
    Ich denke, das ist durchaus beherrschbar.
    @ MTom
    „daß Du die Liebe des Durchschnittbürgers zur Arbeit etwas überschätzt“
    Vielleicht hast Du recht, aber bei einer Hohe des BGE die tatsächlich nur eine Grundsicherung darstellt, würden noch andere Anreize wirken.
    Da ist zum Beispiel das soziale Ansehen ( Auto als Penisverlängerung … 😉 ), oder eben die Fernreise, das Finanzieren eines Hobbys, eine Eigentumswohnung oder eben auch die Selbständigkeit in einem angenehmen Beruf.
    Unangenehme Arbeiten die niemand gerne erledigt, müssten sich dann den Marktkräften stellen und entsprechend entlohnt werden.
    Es ist auch nicht so, dass alle Menschen eine Bildung besitzen durch die sie sich aussuchen können, welchen Beruf sie ausüben möchten, und wie gesagt gibt es genügend andere Anreize.
    Bei heutigen Preisen würde ich in Deutschland ein BGE in Höhe von etwa 1000€ favorisieren, und bei Kleinkindern 400€, das in 2 oder 3 Stufen bis zum Erwachsenenalter aufgestockt wird.
    Sehr interessant ist Deine Bemerkung zu neuen Produktionstechntechnologien.
    Tatsächlich wäre es von Vorteil, wenn die Regierung eine stärkere Automatisierung durch Forschungsförderung unterstützen würde.
    Da gibt es vielversprechende Ansätze wie zB. den 3-D-Druck. Vielleicht wird es einmal möglich sein, einen Großteil von Gütern auf diese Weise zu produzieren. Die Verteilung könnte zum Großteil automatisiert durch Magnetsysteme wie den Cargo Cap der Uni Bochum erfolgen.
    Das könnte zu einer Revoltionierung der Gesellschaft führen!
    Allerdings ist das eine Energiefrage, und ich befürchte mit den EE ist das nicht zu machen.

  16. Ich finde die Idee mit der inkrementellen Einführung eigentlich sehr interessant. In Deutschland z.B. wäre es haushaltstechnisch kein Problem, jedem 10€/Monat zu geben. Bis zu ein paar hundert Euro wäre es zumindest vorstellbar (d.h. in der Größenordnung existierender Ausgaben).

    Es gibt zwei Probleme, die ich trotz dieser Idee beim BGE sehe:

    1. Inflation. Während sich die heutige reale Inflation nur auf einigen überhitzten Märkten abspielt (Immobilien, Gold, Bitcoin), wäre ein BGE (zumindest in relevanter Größenordnung) vermutlich ein automatischer Preistreiber. Dein inkrementeller Ansatz würde immerhin bedeuten, dass man es rechtzeitig merkt, aber das Problem bliebe bestehen.

    2. „Brot und Spiele“. Das Problem mit dem BGE ist, dass die Legitimation des persönlichen Wohlstands gleichermaßen durch die Legitimation der Gesetzgebung erfolgt. Wenn man ersteinmal den Anspruch hat, x€ jeden Monat zu erhalten, wird man in Zeiten schwächerer Wirtschaft auch weniger akzeptieren? Schlimmer noch, wird nicht das Volks sich (wie z.Z. unsere Abgeordneten) in schöner Regelmäßigkeit mehr und mehr Einkommen garantieren? Wie stellt man sicher, dass nicht am Ende das BGE komplett wertlos und die Wirtschaft komplett zusammengebrochen ist?

  17. Hallo MTom,
    Ich will das keinesfalls ausschliessen. Wie so oft geht es mir darum, das Thema hier zur Diskussion zu stellen, und es möglichst fair von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Mir scheint aber, dass es schon etwas anderes ist, ob man sich nach einem langen, stressigen Arbeitsleben „endlich“ die „verdiente Ruhe“ gönnt oder ob man grundsätzlich die Möglichkeit hat, sich jederzeit Ruhe zu gönnen, wenn sie gebraucht wird, und sich eben trotzdem fragen muss, was mann denn nun mit seinem Leben anstellt. Ein BGE würde natürlich auch das Konzept des „Rentenalters“ komplett abschaffen. Ich kenne durchaus Renter, die noch sehr gerne in ihrem alten Beruf weiterarbeiten (okay, fast alle sind Wissenschaftler 🙂 ). Wie gesagt: wenn es sich zeigen sollte, dass die Produktivität stark zurück geht, dann wird das eben dazu führen, dass das BGE weiter und weiter gekürzt wird. Deshalb wird es weiterhin einen gesellschaftlichen Druck geben, auch mit BGE zu arbeiten. In diesem Punkt sind die Befürworter des BGEs in meinen Augen etwas blauäugig…

  18. Hallo Bynaus,

    bei allem Respekt vor Deinem Urteilsvermögen denke ich doch, daß Du die Liebe des Durchschnittbürgers zur Arbeit etwas überschätzt wenn Du so pauschal annimst: „Die Menschen werden im Allgemeinen weiterhin arbeiten wollen“.

    In Österrreich oder Deutschland liegt das durchschnittliche Renteneinkommen bei ca. 1200 Euro pro Monat und es gibt in der normalen Alterspension keinerlei Zuverdienstgrenze.
    Trotzdem geht kaum ein Pensionist einer Erwerbstätigkeit nach und die Meisten bezeichnen diese Phase als die beste Zeit ihres Lebens – wenn man von gesundheitlichen Beschwerden einmal absieht – endlich Zeit für seine Interessen seine Studien, Kurse oder Hobbys.

    Ich denke, daß so ein Modell erst realisiert werden könnte, wenn der Großteil des Bruttoinlandproduktes nicht von der menschlichen Arbeitskraft abhängt.
    Unter Umständen werden die Fortschritte auf dem Gebiet der Computertechnik oder der Nanotechnilogischen Produktionsmethoden zu vollkommen neuen Gesellschaftsordnungen führen. Noch halte ich das allerdings für reine Sozialutopie – mit Betonung auf Utopie.

    MT

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